Muss man eine Harley haben, um eine coole Sau zu sein? Natürlich nicht, sagen wir. Geht nämlich auch mit einer Honda VT 750 Black Widow.

Etwas umständlich kam Bastian zu seiner Honda. Der Tätowierer aus Mönchengladbach wollte ein Bike haben, in der Verwandtschaft eines Kunden war eine Honda Black Widow günstig zu haben. Gerade mal 6000 Kilometer auf der Uhr, top gepflegt und zu einem vernünftigen Preis. Einziger Haken: Das Bike war grottig umgebaut, 90er-Jahre-Stil deluxe, »was man eben mit japanischen Softchoppern damals so machte«, erinnert sich Bastian. Er greift trotzdem zu, als Basis für seinen ersten Umbau würde die Mühle schon taugen.

Keiner will den Umbau der Honda VT 750 in Angriff nehmen

Nun ist Bastian ein Meister an der Tattoonadel, aber eben nicht der große Moppedschrauber. Er fragt also bei mehreren Läden an und ist überrascht. Denn keiner möchte den Umbau der 750er in Angriff nehmen. Mag sein, dass die Black Widow nicht gerade als Prestigeobjekt taugt. Völlig zu Unrecht, wie wir finden, denn immerhin bekommt man einen V2, der einen sauber und wartungsarm jahrelang begleitet. Und die Optik? Nun, daran kann man ja was machen. So sieht das Stefan, Chef von »Rock’n’Roll Cycles« aus Hückelhoven. Er schaut über den Tellerrand, hat Bock, mal was anderes zu machen und steigt sofort in Bastians Umbauboot.

Auch durch kleine Maßnahmen lässt sich richtig was rausholen. Moderate Tieferlegung, schwarze Pulverbeschichtungen an Gabel und Fußrasten und die dünnen Dragpipes tragen viel zum lässigen Look bei

Dritter Mann an Bord ist Buddy Hoppes, der hauptberuflich beim bekannten Parts-Dealer Dock66 arbeitet und auch daneben richtig Bock auf Karren hat. Zusammen nehmen die Jungs den Umbau in Angriff. Der Motor bleibt selbstredend original, es gibt auch keinen Grund den zu ändern. Das wuchtige Heck mit Doppelsitzbank der Black Widow wird gestrichen und durch einen Eigenbau-Solositz ersetzt. Schon allein mit dieser Maßnahme ist viel gewonnen. Dazu legen sie das Bike eine Etage tiefer, ohne dabei in die Rahmengeometrie einzugreifen. Denn legal soll die Kiste schon werden. So wird die Gabel um gute 60 mm gekürzt und Brücke sowie Standrohre im gleichen Zug schwarz beschichtet.

Lackierung und Pinstripes gibts im Tausch gegen Tattookünste

Damit alles passt, müssen natürlich auch die hinteren Dämpfer ein Stückchen Material lassen. Armaturen und Instrumente bleiben original, die Elektrik wird durch Motogadget-Komponenten minimiert. Eine neue Vorderlampe kommt günstig aus dem Zubehör. Die umwickelten Dragpipes sind weit luftiger als die dicken Originalauspuffrohre. Lackierung und Pinstripes gibts im Tausch gegen Tattookünste. Nur die speziell angefertigten Felgen von TTS schlagen etwas mehr zu Buche. Wenn die nicht wären, wäre Bastians »Locster« schon fast ein Lowbudget-Bike. Dafür ist dieser Umbau echt gut gelungen und lässt vergessen, dass es eigentlich »nur« ein kleiner Japaner ist.

Info |  rock-n-roll-cycles.com

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.