Die Honda VT 600 Shadow ist eine gern genommene Basis für Umbauten aller Art – egal ob Chopper, Bobber oder sogar Cafe Racer. Doch nur selten begegnet uns so ein derart schlicht und »clean« gehaltener Umbau.

Auf das simple Wörtchen »eigentlich« folgt in der Regel immer ein »aber«. Somit kann man es getrost als ein Leerwort bezeichnen, denn es beschreibt einfach nichts. Dennoch ändert dieser kleine Zusatz in unseren Aussagen meist alles. Der Umbau von Jens Honda VT600 bildet da keine Ausnahme, wie seine Aussage belegt: »Eigentlich war die Shadow ein Teileträger für ein anderes Projekt und ich wollte sie nur ein wenig hübsch machen und verkaufen, aber dann hat alles eine gewisse Eigendynamik bekommen.«

Der Luftfilter sitzt nun klein und unscheinbar unter dem Tank und versaut nicht mehr die Seitenansicht mit seiner geschwürähnlichen Plastikbox

Was mit einer recht simplen Idee seinen Anfang nahm, wächst sich zu einem Beinahe-Komplett-Umbau aus. Mit Schuld daran ist natürlich Jens selbst, der, wie er zugibt, ein Ebay-Junkie ist und ständig nach Teilen stöbert. Noch dazu ist er ein Perfektionist, den jede ungerade Linie oder noch so kleines Satubkorn stört und der sich nicht mit schlechten Kompromissen abgeben kann und will.

Die Honda VT 600 Shadow rückt näher an die Straße

In der Folge besorgt er sich eine Gabel, die alte steckt ja in einem anderen Projekt, und kürzt diese, um die Honda tiefer zu bekommen. Auch am Heck kommt die Shadow der Straße etwas näher. Mit der Tieferlegung rückt Jens auch dem Subframe, der unter dem hinteren Fender steckt, zu Leibe und modifiziert das Metallgeschwür. »Die meisten schneiden das Teil einfach weg, doch ich wollte die Soziustauglichkeit in jedem Fall erhalten.«

Der Viereinhalb-Zoll-Scheinwerfer stammt aus dem Zubehör und wurde mit einem gefrästen Lampenring aufgewertet

Um die Linie nicht zu versauen, modifiziert er den originalen Heckfender, integriert Rück- und Bremslicht und passt das Serienpolster entsprechend an. Da ihn das Umbaufieber inzwischen antreibt, gibt er dem Tank durch einen kleinen optischen Stretch die passende Form, um die Linien von vorn nach hinten fließen zu lassen.

Probleme machen anfangs nur die Vergaser der Honda VT 600

Der kultige V2-Motor erfährt nach fast zwanzig Jahren Tiefschlaf eine Frischzellenkur in Form von Öl und Kerzen. Probleme machen anfangs nur die Vergaser, doch nach der dritten Reinigung funktionieren diese auch einwandfrei. Im diesem Zuge geht es auch dem Luftfilterkasten an den Kragen. Die unschöne Plastikdose, die den rechtsseitigen Blick auf den Motor verhindert, wird entfernt und ein kleiner K&N-Luftfilter unter dem Tank versteckt.

Eine modifzierte Falconfußrastenanlage …

Auch der Serienauspuff muss weichen. »Ich hatte einen bestimmt zehn Jahre alten, verdellerten Supertrapp-Endtopf bei Ebay geschossen. Allerdings war es doch mehr Aufwand, das Ding wieder herzurichten, als ich dachte.« Eine Arbeit, die sich am aber gelohnt hat. Das Teil passt sehr gut zur Shadow.

Die Drahtspeichenräder passen nicht mehr zum gecleanten Stil

Die restliche Zeit des rund neun Monate dauernden Umbaus geht für viele Kleinarbeiten drauf. So erneuert Jens fast alle Lager, verschlankt die Elektrik, installiert eine gebrauchte Elektronikbox, sucht und findet ein neues Instrument von Koso, modifiziert eine Falcon-Fußrastenanlage und baut einen seitlichen Kennzeichenträger. Auch neue Räder müssen sein, denn die serienmäßigen Drahtspeichenräder passen nicht mehr zum gecleanten Stil der Honda.

… sowie ein neues Panel für den Startknopf werten die Optik der umgebauten Shadow weiter auf

Was mit einem »eigentlich … aber« begann, endet mit einer völlig verwandelten Honda VT 600, die inzwischen einen neuen Besitzer gefunden hat, und mit der Erkenntnis, dass nicht alles plan- und vorhersehbar ist und eine gewisse Eigendynamik die beste Voraussetzung für einen kreativen Umbau darstellt, solange man nicht die Kontrolle verliert.

 

Christian Heim