Wo andere sich direkt die Finger schmutzig machen, lässt Luuc erst mal den Kopf brummen. Seine Motorräder entstehen am Computer – und manchmal finden sie auch auf die Straße. So wie diese Güllepumpe, ’tschuldigung, Honda CX 500.

Motorcycles Storehouse ist ein Aftermarket-Riese aus den Niederlanden, mit dickem Teilekatalog für alle möglichen Motorradmodelle … und außerdem Arbeitgeber von Luuc Muis. Luuc ist Produktdesigner, entwirft 2D- und 3D-Darstellungen von Teilen, die später produziert werden.

Honda CX 500 – Bike ohne Bullshit

Nach seinem Job ist damit nicht Schluss, dann verkriecht er sich zu Hause und entwirft ganze Motorräder. »Mein Stil ist dabei extrem sauber, Bikes ohne Bullshit, manchmal etwas futuristisch, aber immer einfach … irgendwie nett, und auch ein bisschen komisch«, wie er zugibt.

Es gibt nicht wenige, die sagen, Hondas CX ist eines der hässlichsten Motorräder, die je gebaut wurden. Umso erfrischender, dass sie trotzdem ihre Meister findet und tatsächlich in den letzten Jahren einige krasse Karren auf der ungeliebten Basis entstanden sind

Wir sitzen in Luucs Wohnung im Herzen von Groningen und trinken Kaffee. Auf seinem Schreibtisch steht ein Laptop, der mit einem Wacom-Tablet verbunden ist, sein Arbeitsgerät. Er erzählt viel über seinen professionellen 3D-Drucker, mit dem er einzelne Prototypen-Produkte herstellt.

Selbst Elektrobikes sind für Luuc kein Tabu

Luuc ist eindeutig ein Motorradbauer der neuen Generation, einer, für den selbst Elektrobikes kein Tabu sind. Sein erster realer Umbau nach eigenem Entwurf war eine Harley. Der »Carbon Killer« tauchte in einigen Magazinen auf, so konnte Luuc ihn für gutes Geld verkaufen.

Stilbrüche überall: Der klassische Tacho mag genauso wenig zur Honda passen …

Für den Erlös gab es zu viele neue Projekte: »Zwei amerikanische Autos und drei Motorräder, eine XL 500, eine XS 650 und eben diese CX 500.« Den letzten Kauf bereut er tatsächlich lange, »da war ich zu impulsiv, aber ich habe immer Ausreden, immer mehr Motorräder zu kaufen – was wirklich dumm ist, weil ich eigentlich keinen Platz und überhaupt keine Zeit habe.

Honda CX 500 – Basisbike mit einigen Bösartigkeiten

Aber andererseits juckte es mich, ein Design dieses unmöglichen CX-500-Modells zu entwerfen«, gesteht er. Und unmöglich trifft es tatsächlich. Nicht nur, dass eine Honda CX von Haus aus nicht gerade ein mehrheitsfähiges Modell ist, nein, Luucs Honda zeichnete sich zusätzlich durch einige Bösartigkeiten aus.

… wie die vorn und hinten ungleichen Räder. Für Luuc sind diese Widersprüche normal, »Ich habe das alles in purer Absicht so gebaut. Ich mag es, Dinge anders zu tun.«

Der Vorbesitzer hatte eine Goldwing-Verkleidung dranmontiert und die Elektrik war eine desaströse Baustelle. »Aber es gibt auch gute Dinge über eine CX zu sagen«, machte sich der Designer selbst Mut. »Der Motor ist unzerstörbar. Und irgendwie ist aus dem einstigen Honda-Experiment ja auch Kult geworden, was die Sache wiederum spannend macht.« 

Honda CX 500 – Einen Sommer lang Technikcheck

Bevor Luuc den Winkelschleifer ansetzt, wird zunächst der Motor einmal komplett überholt und die Elektrik so aufgeräumt, dass das Fahren problemlos möglich ist. Einen Sommer lang bewegt Luuc seine CX, »einfach um zu schauen, ob die Technik reibungslos funktioniert.«

Die Lampenmaske nimmt, von oben betrachtet, die Linie des Tanks auf

Im folgenden Herbst geht es schließlich ans Eingemachte und das Bike kommt auf die Hebebühne. Sechzig Kilo Ballast rasiert Luuc vom Motorrad, der Einrohrrahmen wird komplett gecleant, das Heck mit selbstgebratenem Hilfsrahmen bestückt, die Schwinge verlängert und auf Monshock umgebaut. Um die Optik des Bikes nach vorn zu verlagern und damit eine Art Dragsterlook zu erreichen, baut Luuc einen extrem kurzen Alu-Sitz.

Die Gabel kommt aus einer Suzuki GSX-R

Der Tank war bereits umgebaut und passte nun mit seiner Verengung und einem neuen Tunnel versehen genau in die Linie der Sitzbank. Die neue, alte Gabel kommt aus einer Suzuki GSX-R. Nach diesen ersten Maßnahmen war das Bike halb fertig und der Frühling gekommen.

Um die Optik insgesamt nach vorn zu verlagern, baut Luuc hinten extrem luftig. Einzige Hingucker sind hier das Zentralfederbein und der scheinbar in der Luft schwebende knappe Alusitz

Weil Luuc kein anderes startklares Bike besaß, fuhr er die Kiste also wieder eine Saison lang. Aber täglich grüßt das Murmeltier, wieder Herbst, wieder auf die Bühne. Im Heck montiert der Holländer das Speichenrad einer GL 1000, das tatsächlich nahtlos zum Kardan der CX passt.

Honda CX 500 – Gussfelge meets Drahtspreiche

Im Gegensatz zum Original ist das Rad mit einer Scheibenbremse ausgestattet, Luuc stellt deshalb die Fußbremse um. Das vordere Rad ist eine Gussversion. Ein Widerspruch? »Nein«, sagt der Designer, »pure Absicht, weil es einfach anders ist, das mag ich.«

Sehr, sehr kurz: Der Soziusbetrieb ist mit dieser Sitzbank kategorisch ausgeschlossen, selbst für den Fahrer ist wenig Platz

Nach Abschluss der Fahrwerksarbeiten geht es an die Details. Luuc fertigt aus einem Stück Alu eine Lampenverkleidung, die, vor allem von oben betrachtet, die Tanklinie exakt aufnimmt. Hinten dürfen LED-Stripes Licht spenden. An der Gabel werden Clip-ons montiert, die Elektrik wird auf ein Mindestmaß geschrumpft.

Honda CX 500 – Zugegeben viel zu lauter Auspuff

Zur Herausforderung wird außerdem die perfekte Einstellung des Vergasers. »Der funktioniert letztlich mit sehr großen Düsen in Kombination mit Rennfiltern und einer zugegeben viel zu lauten Auspuffanlage samt kurzen Dämpfern.

Statt Stereo-Federbeinen gibt’s ein selbstgebautes Monoshock-System und eine aufwändig modifizierte Schwinge mit rechtsseitigem Kardan

Ich habe da echt viel nachgestellt, aber mit jedem Mal lief der Motor besser. Irgendwann war ich zufrieden.« Seine erste echte Fahrt mit dem fertigen Bike macht Luuc beim Sprint auf der Rennstrecke in Zaandvort. Und nicht jeder Besucher versteht angesichts der teils offenen sichtbaren Elektro-Bauteile und des extrovertierten Designs Luucs Ansinnen:

Honda CX 500 – Cool oder shockin’?

»Aber ich denke, das ist der Reiz dieses Motorrades. Es fehlt an unnötigen Konstruktionen, um die notwendigen Funktionselemente abzudecken. Viele Leute finden das cool, manche aber auch schockierend. Aber letztlich ist mir das egal. Es ist mein Stil und ich habe die Honda zu meinem eigenen Vergnügen gebaut. Das ist die Hauptsache.«

Info | luucmuiscreations.com

 

Floris Velthuis