Die Honda CB 900 Bol d’Or war schon bei ihrem Erscheinen 1978 ein echter Kracher und daran hat sich bis heute nichts geändert. Eine perfekte Basis für Benders Company, um dem Klassiker in die Neuzeit zu helfen.

In Anlehnung an das berühmte 24-Stunden-Rennen »Le Bol d’Or«, das Honda Ende der siebziger Jahre viermal in Folge gewinnen konnte, brachte der japanische Hersteller 1978 die CB 900 F mit dem Werkscode SC01 auf den Markt. Damit hielt auch die bis dato den Grand-Prix-Maschinen vorbehaltene Technologie Einzug in die Serienherstellung. Zwei obenliegende Nockenwellen und 16 Ventile waren damals im Rennsport »State of the art«. Die Leistungsdaten für ein Nakedbike beeindrucken auch heute noch, denn mit 95 PS war die Honda Bol d’Or alles andere als untermotorisiert.

Honda CB 900 – Die Leistungsdaten beeindrucken auch heute noch

Für Benders Company mehr als ein Grund, sich einem Klassiker solchen Kalibers anzunehmen, ihn einer kleinen Schlankheitskur zu unterziehen und mit zeitgemäßer Technik zu versehen. »Die Honda ist das Motorrad eines Kunden. Besitzer Danilo kam mit der 40 Jahre alten Maschine zu uns und wollte sie zum Cafe Racer umgebaut haben. So eine richtig klare Vorstellung hatte er nicht, aber ein paar verrückte Ideen, die sehr interessant klangen. Er wollte tatsächlich Glas am Motorrad haben – und zeitgemäßere Technik. Aber sonst hat er uns weitgehend freie Hand und vor allem Zeit gelassen, was die gesamte Umbauphase sehr angenehm gemacht hat«, so Christian Bender. 

Benders Company hat das Rahmendreieck komplett gecleant. Die Nummerntafel aus Glas war ein Wunsch des künftigen Besitzers, denn sein Vater ist auf Glas spezialisiert. Die »34« steht für den Geburtstag, zu dem sich Danilo mit der Honda selbst beschenkte

Mit dem Strip-off startet das Projekt. Die Bol d’Or wird zerlegt, eine Bestandsaufnahme gemacht und eine Teileliste erstellt. Die größte Änderung findet am Heck statt, wo der obligatorische Höcker hin muss. Dafür wird der Rahmen geändert und aus Blech das typische Cafe-Racer-Merkmal geformt. Tank und Motor bleiben weitgehend unangetastet. »Wir wollten den Tank im Originalzustand erhalten, schließlich ist er ein Erkennungsmerkmal der Bol d’Or. Auch am Motor waren keine Eingriffe notwendig. Das Teil ist gut in Schuss und hat erstaunlich wenig Kilometer Laufleistung. Nur die offenen K&N-Luftfilter mussten sein und natürlich eine neue Abstimmung der Vergaser.« 

Honda CB 900 – Forke mit progressiven Federelementen

Auch Gabel und Bremsen belassen die Benders so, wie sie einst entworfen wurden. Lediglich das Innenleben der Forke wird mit progressiven Federelementen aufgewertet, am Heck speziell angefertigte Wilbers-Federbeine platziert. Die alten Bremsschläuche werden durch Stahlflexleitungen ersetzt, die altertümliche Bremspumpe durch eine moderne, radiale von Magura. Und da an den obligatorischen Lenkerstummeln sowieso neue Komponenten zum Einsatz kommen, bauen die Benders die Kupplung von Seilzug auf hydraulische Betätigung um.

Klare Linien, aufgeräumter und dennoch klassischer Look. Die Bol d‘Or hat ihren Charakter bewahrt, wirkt aber leichter und schnittiger als in der Ur-Version. Die Glasabdeckung an der oberen Gabelbrücke war ebenfalls Danilos Idee, der Glas und High-Tech am Bike haben wollte. Deshalb kommt auch ein modernes Motogadget-Instrument zum Einsatz

Richtig interessant wird es bei der Elektrik, denn der alte Kabelbaum wird entfernt und durch ein CAN-Bus-System ersetzt. »Das war auch ganz im Sinne von Danilo. Er arbeitet in der IT-Branche und ist dementsprechend technikverliebt.« Die verschlankte Elektrik trägt natürlich auch ihren Teil zum cleanen Look des Cafe Racers bei. In der Summe ist aus der klassischen Honda ein zeitloses Bike geworden, das ab sofort die Straßen mit seiner Anwesenheit bereichern wird. Denn dass die Bol d’Or von Danilo gefahren wird, daran besteht kein Zweifel. Schließlich sitzt es sich auf dem Klassiker sehr gut, selbst für Großgewachsene.

Honda CB 900 – Die Bol d’Or behält ihre Sportlerseele

Die Benders haben die Fußrastenanlage von Tarozzi modifiziert und zurückversetzt. Zwar wird der Kniewinkel jetzt etwas spitzer, doch das kommt der vorderradorientierten Sitzpostion entgegen. Die Honda ist noch immer eine Sportlerseele und macht auch keinen Hehl daraus. Der Reihenvierer erwacht nach einem Druck auf den Startknopf zum Leben. Rau, mit mechanischen Geräuschen aus dem Ventiltrieb, trompetet er durch die Vier-in-eins-Anlage und versetzt den Fahrer zurück in eine Zeit, als Euro-Abgas-Normen und Katalysatoren noch ferne Zukunftsmusik waren.

Rau, schlank, reduziert und dennoch zeitgemäß. Die Honda Bol d’Or erfreut sich nach ihrer Frischzellenkur bester Gesundheit und bringt, ganz nach den Wünschen ihrer einstigen Väter, Rennsportechnolgie auf die Straße. Nur eben verpackt in einer schöneren und vor allem individuelleren Optik

Elektronische Helferlein in Form von ABS oder gar Traktionskontrolle sucht man vergeblich an der Bol d’Or. Dementsprechend ist der Fahrer gefordert. Die Kontrolle der Leistungsentfaltung des nun gut 100 PS starken Triebwerks erfolgt ausschließlich über die Gashand. Wer zu viel will, legt sich auch schnell mal lang, denn im Heck dreht ein schmaler 18-Zoll-Reifen mit dem berühmten Avon-Mark-II-Profil. Das einzige Manko übrigens, denn die Reifen wollen, zumindest was die Performance anbelangt, nicht ganz zu dem Sportler passen und stoßen schnell an ihre Haftungsgrenze. 

Die Bol d’Or fährt so präzise, wie es sich die Ingenieure einst gewünscht hätten

Dafür passt das Handling. Dank der neuen Fahrwerkselemente ist die Honda so präzise, wie es sich die Ingenieure einst gewünscht hätten. Und auch die Bremsleistung ist völlig angemessen, da braucht es keine radial angeschlagenen Brembo-Stopper. Alles funktioniert, als ob die Uhr stehen geblieben wäre und wir 1981 im Kalender stehen hätten. Doch dem ist zum Glück nicht so. Zeitreisen sind nur in einer Form möglich: Altes Eisen transformieren und ins Heute retten, damit es morgen auch noch gefahren wird. 

Info |  benders.company

 

Christian Heim