Die Achtzigerjahre haben Spuren an jedem hinterlassen, der sie erlebt hat. Gschmackstechnisch ein sicher fragwürdiges Jahrzehnt, aber in seinen Verfehlungen eben auch irgendwie richtig gut. Und das Wort Showbike gab’s damals auch noch nicht – denn da wurde geschraubt, um zu fahren. Dieser Honda CB 750 Chopper ist ein gutes Beispiel dafür …

Wir spüren da so einen kleinen Hauch, ein feines Lüftchen zwischen grellem Kitsch und wahrer Kunst. Noch nicht final greifbar, aber es lauert hinter einer dunklen Ecke, jederzeit bereit, hervorzubrechen und uns unsere schlimmsten Style-Albträume zurückzuholen. Schauen wir uns die Customszene der letzten Jahre an, so hat sich beinahe jedes Jahrzehnt in ihr widergespiegelt.

»So scheiße ich die 80er damals fand, so gut waren sie eigentlich«

Die Bobber und Cafe Racer der 50er, die Tracker der 60er und die Chopper der 70er Jahre, alle feierten sie ihre Auferstehung und rückten in den Fokus von Customizern und Umbauverrückten – völlig zu recht. Die schlechte Nachricht ist, da fehlt noch das ein oder andere Jahrzehnt. Duane Ballard, seines Zeichens Lederspezialist aus Kalifornien, ist einer der Ersten, der in die Bresche springt: »So scheiße ich die Achtziger damals fand, so gut waren sie eigentlich«, lassen wir mal so stehen.

Auf den ersten Blick sicher nicht jedermanns Geschmack, aber auf den zweiten eine brutal gute und bequeme Fahrmaschine. Die Räder mit den sternförmigen Speichen sind selten und nicht billig, setzen der Honda aber optisch die Krone auf

Tatsächlich ist das Honda-Projekt eher zufällig in Duanes Händen gelandet. Kumpel Chris hatte einen Jammer-Rahmen in seiner Werkstatt stehen, in dem ein CB-750-Motor vor sich hinstaubte. Als der Freund ein Angebot macht, das Japanbike-Fan Duane nicht ablehnen kann, ist die Sache klar. Und dann schießt er bei eBay noch zwei auffällige Henry-Abe-Räder, seltenes Gut aus den 70ern. »Sie passen einfach perfekt«, ist er sich bis heute sicher. Über Instagram sammelt er weiter Teile zusammen, die Richtung ist schnell gefunden, luftig, bequem und – ganz wichtig – eine pure Fahrmaschine.

Honda CB 750 – Four im Santee-Rahmen

Für sich selbst hatte Duane schon Bikes gebaut, die mehr auf Show abzielen, gerne auch mal Digger oder Bagger. Mit der Honda will er aber ganz klar Meter machen, er erklärt: »Nimm zum Beispiel einen Bagger. Klar macht der auch Laune, aber in engen Kurven ist es eben kein Spaß mehr. Und ich wollte endlich einen vernünftigen Auspuff. Von all den rohen Rohren in den letzten Jahren bin ich schon halb taub.« Auch ein Starrrahmen ist für ihn nicht zwingend, das Fahrwerk mit Geradewegfederung von Santee taugt ihm da schon mehr.

Duane Ballard ist ein Fan japanischer Motorräder und steht damit ziemlich allein auf kalifornischer Flur. Sein Kawasaki-Digger ist legendär, sein Honda-Softchopper polarisiert

Dass zu einer guten Fahrmaschine ein guter Motor gehört, ist für Duane logisch. Der Vierzylinder wird bei APE, die seit den frühen Siebzigern Teile für Hondas CB 750 produzieren, auf einen aktuellen Stand gebracht. Eine komplette Überholung, mehr Hubraum, mehr Leistung und unter anderem den ersten Satz der neuen APE-Stößelstangen für den Straßeneinsatz – das Ding geht jetzt wie die Hölle, davon konnten wir uns beim Ortstermin in Duanes Zuhause überzeugen. Während das Aggregat zur Vollendung reift, baut Duane einen Öltank, der zusammen mit Kotflügeln und Tank, beides per Internetauktion ersteigert, zu Lackierer Peter geschickt wird.

Honda CB 750 – Chopper im Eighties-Outfit

Vorgabe an ihn waren der Name des Motorrades, die Farben sowie der Wunsch nach einem Eighties-Outfit, »er hat es perfekt umgesetzt.« Tatsächlich probiert Duane die Passgenauigkeit von weiteren Teilen nicht wirklich, sondern sammelt fröhlich Biltwell-Lenker, Scheinwerfer von Lowbrow, Griffe, Armaturen, Reifen und sonstiges Zeug zusammen. Nur die Anfertigung der Sitzbank lässt er sich nicht nehmen, immerhin, es ist sein Hauptjob. An Bikes schraubt der Handwerker nur abends oder am Wochenende.

Dass sich Duane um seine Sitzbank selbst gekümmert hat, Ehrensache. Schließlich verdient er damit sein Geld, Motorräder umbauen kommt zum Spaß obendrauf

Als er endlich alles zusammen hat, bleiben ihm noch vier Wochen, um alles zusammenbauen. Stichtag ist die Born Free Show Ende Juni, auf der Duane seine Honda präsentieren soll. Mithilfe seiner Freunde Rico, Alex, Renato und Chris, seines Sohnes Wayne und seiner Frau Lisa schafft er den Kraftakt, Xanadu wird pünktlich fertig. Uns erschließt sich die Faszination der Honda zugegebenermaßen nicht auf den ersten Blick. Aber je länger man sich mit diesem Bike beschäftigt, desto geiler wird es einfach. Wie die Achtziger, klarer Fall.

Info |  dbcustomleather.com

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.