Tagtäglich ist Jarno von Fahrzeugschrott umgeben. Dass man den auch sinnvoll in ein neues Bike stecken kann, beweist er mit seinem lupenreinen Cafe Racer auf Basis einer Honda CB 500 Four.

Jarno ist auf einem Bauernhof aufgewachsen, einem speziellen wohlgemerkt. Denn in den Scheunen standen Motorräder statt Kühe. Seine Familie ist technikbegeistert seit jeher, Jarnos Vater rast bis heute auf klassischen Motorrädern durch die Gegend.

»Wirklich alles dreht sich bei uns um Motorräder«

Tagsüber arbeiten beide im Familienbetrieb, einer Autoverwertung, abends wird an Motorrädern geschraubt. »Alles, wirklich alles dreht sich bei uns um Motorräder, und lange Zeit ging mir das richtig auf den Sack«, erzählt Jarno, während wir durch die Scheune streifen, in der seltene, klassische Racingbikes, moderne Tourenmopeds und umgebaute Kisten aufgereiht stehen.

Einige Schrottautos mussten als Teilespender herhalten, so zum Beispiel das Heck, das aus Renault-Parts neu geformt wurde. An der Front wurde aber logischerweise ein Altbike zur Wiederverwertung genutzt: Die Gabel samt Rad und Bremse stammt aus Suzukis GSX-R

Gerade weil der Vater nichts anderes als alte Bikes und seine Off-Road-Rennen auf den alten Karren im Sinne hatte, schraubte Jarno zum Trotz lieber an Autos, Volkswagen um genau zu sein. Bis er vor einigen Jahren Probleme mit seiner Bandscheibe bekam.

Die Honda kam im Doppelpack mit einem Schrottauto

Drei Monate saß er zu Hause, konnte nicht arbeiten. Das bloße Abhängen nervte ihn gewaltig, aber der Rücken war zu schwach, um an den Autos zu schrauben. Da erinnerte er sich an eine Honda CB 750, die sie mal mitsamt einem ihrer Schrottautos bekommen hatten.

Dem technisch sauber laufenden Motor spendierte der Erbauer nur ein paar Stunden der optischen Aufwertung. Unterm Keihin-Vergaser zu erkennen, der Starterdeckel im Look einer Tabakpackung mit John-Player-Special-Logo – ein Tribut an die zahllosen gerauchten Zigaretten während des Umbaus

Jarno entschied, dass das Arbeiten an einem Bike besser funktionieren würde als das an einem Auto. Leider war das Bike aber nicht mehr da, der Vater hatte es schon entsorgt. Egal, er kannte jemanden, der noch eine Honda auf seinem Dachboden hatte. Nur eine 500er, aber völlig egal, Jarno konnte loslegen.

Honda CB 500 – Der Four ist optisch besser als neu

Der Motor war technisch völlig in Ordnung, sieht nun nach einiger Arbeit optisch besser aus als neu. Lustiges Detail ist der Starterdeckel, den Jarno aus Aluminium fertigte. »Ich wollte zuerst ein Cover machen, das wie eine Geldbörse aussieht, weil ein solches Projekt finanziell eine bodenlose Grube ist.

»Fahrverhalten und Lenkgeometrie sind für mich sehr wichtig. Durch die Verlängerung der Stoßdämpfer ist es für mich perfekt«

Aber letztlich entschied ich mich, den Deckel in Form einer Tabakpackung zu gestalten, weil ich während des Baus doch sehr viel geraucht habe«, erklärt der Schrauber. Und weil er von Chrom nicht viel hält, wurden die Auslässe des Vierzylinders galvanisiert.

Honda CB 500 Four – Lenkgeometrie und Fahrverhalten müssen passen

Obwohl aufgrund des großen Hypes mittlerweile an jeder Ecke Ton-up-Cafe-Racer auftauchen, entschied sich auch Jarno für diesen Stil. »Da ich aber aus einer Rennfamilie komme, sind Lenkgeometrie und Fahrverhalten für mich sehr wichtig. Bei den traditionellen Cafe Racern vermisse ich das manchmal.«

In meinem früheren Leben war ich ein Twingo: Wer hätte nämlich gedacht, dass man dessen Kotflügel zu einem langgezogenen Cafe-Racer-Tank formen kann?

Jarno veränderte die Geometrie seines Bikes daher insofern, dass er durch die Verlängerung der hinteren Stoßdämpfer eine grundlegende Veränderung des Gabelwinkels erreicht. »Das Motorrad läuft nun moderner und direkter, schwer zu beschreiben«, erzählt uns der Holländer.

Honda CB 500 Four mit »Renault-Twingo-Tank«

Den Rahmen verstärkte er mit einem Rohr, auf dem der Tank montiert wurde. Ihn zu finden, war wohl die schwierigste Aufgabe, nichts stellte den fieberhaft suchenden Jarno zufrieden. Letztlich war es eines der alten Autos auf dem Hof, das die Lösung brachte.

Ein Bikeprojekt kann oft eine geldfressende Angelegenheit sein. Weiß auch Jarno und setzt auf Upcycling alter Teile

»Wenn man nämlich ein bisschen blinzelt, dann sehen die Kotflügel eines Renault Twingo fast aus wie ein halber Gilera-Tank«, grinst Jarno. Er nimmt also zwei Twingo-Bleche, formt sie, schweißt und schleift, bis ein einzelner Tank entstanden ist.

Honda CB 500 Four – Schrottautos als Teilespender

Was leicht klingt, war viel Arbeit, denn das dünne Blech ließ sich nur schwer schweißen. Aber die Prozedur gelang … und die Autos auf dem Hof wurden noch weiter als adäquate Teilespender missbraucht.

Auch die spartanische Sitzgelegenheit ist Eigenbau

Das Heck entsteht aus Teilen eines Renault, das Rücklicht stammt von einem Toyota Starlet, die Frontlampe von einem Traktor. Nur für die Gabel musste ein Bike herhalten, ein Suzuki-GSX-R-Frontend mit modifiziertem Gabelblech und passender Sechskolbenbremse im 17-Zoll-Rad lieferte die gewünschten Ergebnisse.

Honda CB 500 Four – Drei Jahre dauerte der Aufbau

Das Rahmendreieck räumte Jarno massiv frei, der Akku fand unter der Schwinge Platz. Insgesamt baute Jarno drei Jahre an seiner Honda, was auch am eigenen Perfektionismus lag. »Ich dachte im Vorfeld nicht, dass es so schwierig sein würde, aber das Ding lief dann irgendwie aus dem Ruder«, gesteht er.

Instrumente hat Jargon nicht verbaut, dafür nutzt er sein Handy. Die Griffe stammen aus dem BMX-Zubehör

Alle Buchsen und Achsen drehte er selbst, jedes Teil ist handgefertigt, so bis ins Detail, dass er die Köpfe jeder einzelnen Sechskantschraube schmälerte, sowie eingelassene Angaben des ursprünglichen Herstellers verschwinden ließ.

Honda CB 500 Café Racer – Großer Umbau-Aufwand

»Ich wollte nie erleben, dass irgendeiner je sagen würde, ich hätte schlecht oder schlampig an dem Motorrad gearbeitet«, erklärt Jarno seinen großen Aufwand, der mit einem erstklassigen Cafe Racer belohnt wurde.

 

 

Floris Velthuis