Eine Honda CB 400 Four mag nicht ganz so kultig sein wie die übermächtige große Schwester 750. Zu einem schönen Custombike taugt aber auch die Kleine allemal – Sprintqualität allerdings überschaubar.

Chris braucht Adrenalin, mehr als andere. Früher, im ersten Motorradleben, holte er es sich auf der Rennstrecke und beim Stuntriding, später als das Alltagsmotorrad noch eine Harley war, mussten 700 Fallschirmsprünge den Kick des Lebens liefern.

Durch die fast vierzig Jahre alte Honda nahm die Sache neue Fahrt auf

Trotzdem, wie viele kam er immer wieder auf das Thema Motorrad zurück, aber erst als eine fast vierzig Jahre alte Honda ihren Weg zu ihm fand, nahm die Sache mit den Bikes neue Fahrt auf. 2015 ersteht er die CB 400 Four, zerlegt sie in seinem Keller und macht sich an die Arbeit, sie neu aufzubauen.

Die USD-Gabel samt Brücke stammt aus einer CBR 600. Der Stummellenker ist einer, der an seinen Enden nur moderat nach unten zeigt, was eine einigermaßen vernünftige Fahrposition sichert. Der Harley-Scheinwerfer komplettiert die Front

Freilich mit einer gewissen Ruhe, denn parallel läuft der Bau des Eigenheimes, das erste Kind will außerdem versorgt werden. Doch immerhin, es gibt ein Ziel: Sprintrennen am Glemseck, auf der Honda und mit Ambitionen. Im Keller des neuen Hauses wird das Bike schließlich richtig rangenommen, die Deadline steht.

Honda CB 400 mit Sprint- und Straßenqualität

Weil Chris neben der Sprint- auch eine Straßenqualität für seinen Umbau voraussetzt, spricht er im Vorfeld seine geplanten Maßnahmen mit dem TÜV ab. Vor allem die Räder stehen dabei im Fokus, 16-Zoll-Harley-Felgenringe sollen ihre Basis bilden, samt ordentlichen Scheibenbremsen.

Die gewählte Reifengröße, vorn und hinten identisch, samt moppeliger Dunlops sagt uns klar, das hier ist ein Bobber. Wenn sich dazu aber Höcker und flache Sitzbank gesellen, dann ist das doch ein Racer und ein schönes Beispiel dafür, wie gelungen sich Stile mischen können

»Tatsächlich ist das gegenüber der alten hinteren Trommel eine technische Verbesserung«, erklärt der Schrauber. Eine, die auch der Prüfer als solche akzeptiert und für die er grünes Licht gibt. Ein befreundeter Harley-Schrauber übernimmt die Arbeit an den Rädern.

Honda CB 400 mit der Upside-down-Gabel einer CBR 600

Um außerdem vorn mehr rauszuholen, setzt Chris auf die USD-Gabel samt Gabelbrücke einer CBR 600, in diesem Fall kein Stilbruch, passt die Gabel doch gut zur fetten Doppelscheibe. Stummellenker und Harley-Aftermarket-Scheinwerfer komplettieren die Front.

Marving detected: Die Vier-in-eins-Auspuffanlage ist ein wunderbar klassisches Teil und eine gute Wahl für Youngtimer wie die Honda. Die offizielle Geräuschmessung steht allerdings noch aus, wobei Chris durchaus optimistisch ist, die zu bestehen

Da eine Tieferlegung oder dergleichen nicht nötig ist, können die originalen Federbeine hinten bleiben. Der Rahmen wird gecleant, ein Stahlbogen ins gekürzte Heck eingeschweißt. Die Zweimann-Zulassung entfällt dadurch, aber Sozia auf dem Sprinttrack macht sich eh nicht so gut. 

Den neuen Kabelbaum baut Chris auf Basis von Motogadgets m-unit selbst

Um das Motorrad insgesamt minimal zu halten, ist vor allem eine reduzierte Elektrik wichtig. Den neuen Kabelbaum baut Chris auf Basis von Motogadgets m-unit selbst, Lenkerendenblinker und LED-Rück-, Blink- und Bremslichtkombi halten den Kabelsalat sowieso im Zaum.

Die kleinen, japanischen Vierzylinder stehen gern im Verdacht, echte Spaßbremsen im Vergleich zu ihren großen Geschwistern zu sein. Zu Unrecht, denn gerade die 400 Four ist willig und macht durchaus Laune. Allerdings, eine Einschränkung gibt es. In einem Sprintvergleich wird sie meist den Kürzeren ziehen, was letztlich auch Chris zugeben musste

Das Zündschloss findet seinen neuen Platz unterm Originaltank. Der wiederum taugt noch gut, wird lediglich innen neu beschicht und sandgestrahlt. Die flache Cafe-Racer-Sitzbank kommt aus den USA.

Honda CB 400 – Vergaserüberholung, größere Hauptdüsen und offene Filter

Der Vierzylinder-Motor der Honda läuft ordentlich, trotzdem spendiert ihm Chris im Zuge der Vergaserüberholung größere Hauptdüsen, dazu gibts offene Filter. Kennern wird außerdem ein schönes klassisches Detail auffallen.

»Neben einer Sprint- soll die Honda später auch eine Straßenqualität haben. Deshalb werden alle Arbeiten und Umbaumaßnahmen im Vorfeld mit den Behörden abgesprochen. Vor allem die Räder stehen dabei im Fokus, 16-Zoll-Felgen einer Harley sollen es werden«

Marving-Auspuffanlagen sind für Klassiker und Youngtimer eine gute Wahl, wenn Chris auch noch eine Hürde vor sich hat. »Ich muss damit noch zur Geräuschmessung, die setzt der TÜV dann doch voraus, aber da bin ich optimistisch, dass alles passt.«

Die renntypische Umwickelung des Krümmers ist ganz schön zerfleddert

Lediglich eines fällt uns an der Anlage aber doch auf. Die renntypische Umwickelung des Krümmers ist ganz schön zerfleddert. Ein Beweis für rasante Kurvenfahrten und gelegentliches Aufsetzen, vermuten wir. Chris schmunzelt nur.

Die flache Cafe-Racer-Sitzbank kommt von Tuff Side USA

Nach zwei Jahren Bauzeit und dem Anfertigen zahlreicher Halterungen, einer Lackierung, die er halb selbst macht und halb einem Profi überlässt, und der Erklimmung aller Prüfhürden, ist es dann amtlich. Chris steht mit der Honda am Start des Glemseck-Sprints – und versagt kläglich.

Honda CB 400 – Keine Chance im Sprint

»Die hatten mir als Gegner eine 900er Ducati hingestellt, da haste mit der Honda einfach keine Chance«, sagt er. Dass er sich den Motor außerdem ein Stück weit verheizt hat, kommt noch obendrauf. Statt zu meckern, nimmt es der Schrauber sportlich und als Herausforderung. »Nämlich dafür, ein Bike zu bauen, mit dem ich mehr rausholen kann.«

Sounds good: Marving 4-in-1-Auspuff

Nicht umsonst steht eine Honda CX schon auf der Kellerbühne, einen Turbo-Antrieb wird sie bekommen. Die CB 400 bleibt trotzdem im Herz, »die kommt nicht weg«, sagt Chris. Wäre auch zu schade um einen echten Klassiker, der tatsächlich mehr für die Seele als für die Rennstrecke taugt – und das ist auch völlig okay so.

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.