Nach 20 Jahren in Kisten verpackt in einem Keller schlummernd, sollte diese Harley-Davidson WLA als Original-Restauration wieder auf die Straße kommen. Welch ein Glück – es kam anders!

Matthias Granacher ist nicht zum ersten Mal in unserem Magazin vertreten. Vor ein paar Jahren hatte der Schrauber aus Freiburg uns schon mal richtig begeistert, damals mit einer eher seltenen Buell Blast, die er zum schnittigen Cafe Racer umgebaut hatte. Und seine V-Rod im Gitterrohrrahmen bleibt uns ewig in Erinnerung. Ein Gang über die CUSTOMBIKE-Show in Bad Salzuflen war einst der Auslöser, sich selbständig zu machen, Matze hatte einfach Bock auf Bikes und vor allem auf Umbauten.

Das Geschäft als Selfmade-Man ist nicht einfach

Was er für Freunde an Autos und Bikes schon jahrelang machte, wurde zur Berufsbasis und er gründete »Black Ace Customs«. Das Geschäft als Selfmade-Man ist nicht einfach, gerade in unserem Business nicht. »Viele Service- und Wartungsarbeiten gehören selbstverständlich dazu, um zurechtzukommen«, erzählt uns Matze, der natürlich wie jeder Schrauber aber am liebsten Fullcustom-Projekte angeht. »Und ein, zwei eigene Projektbikes pro Jahr müssen sowieso drin sein.« Gewöhnliche Umbauten sind für diese Projekte nicht sein Ding, schon die Blast seinerzeit stach aus der breiten Masse heraus.

Happy mit dem Ergebnis: Alex (links) hat die Purple Haze lackiert, Matze hat sie gebaut

Mit dieser WLA ist es ähnlich. »Ich mag die alten Harleys sehr«, erzählt Matze. »Pan, Knuckle, Flathead sind schon geile Motorräder. Die Formen von Motoren und Fahrwerken sind einfach perfekt, das umzubauen macht richtig Spaß.« Die 42er WLA – das alte Harley-Kriegsmotorrad – kommt ursprünglich als Kundenauftrag in Matzes Werkstatt.

Harley-Davidson WLA 750 – 20 Jahre in Kisten geschlummert

In Kisten verpackt hatte die Flathead, die irgendwann über Südafrika nach Deutschland gelangte, 20 Jahre in einem Keller geschlummert. Dann sollte sie restauriert werden, originalgetreu. Matze kann sich damit nur schwer anfreunden. Vielmehr hat er andere Pläne, will umbauen, dem angejahrten Seitenventiler eine neue Optik verpassen. Er muss viel Überzeugungsarbeit leisten, bis er in die Vollen gehen kann. Aber dann baut der Freiburger ein Bike der Extraklasse, die wie so oft im Detail liegt.

Getriebeüberstzungen auf der Schaltbox: Technische Details werden als Deko genutzt

Motor und Getriebe bleiben original, aber natürlich komplett überholt. Und eine Rafinesse ließ sich Matze auch einfallen. Er verlegte die Schaltung des original Dreigang-Getriebes von der linken auf die rechte Seite, Gas wird dagegen links gegeben. »So können die Füße bleiben, wo sie sind, alles wird per Hand gemacht«, freut er sich. Die knackig kurzen Auspuffrohre baute er ebenso selbst und umwickelt sie mit Tape.

Harley-Davidson WLA 750 mit Big-Spoke-Rädern

Die hintere Ritzelbremse entstammt ebenso seiner Werkstatt, auf eine vordere verzichtet er zunächst. »Aber nicht für immer. Es ist alles für die Aufnahme einer Scheibenbremse vorgesehen, schließlich soll das Bike eine Straßenzulassung bekommen.« Die Big-Spoke-Räder, vorne und hinten gleich groß, speicht Matze komplett neu ein, eine Schweinearbeit. Dazu versieht er alle Speichen für eine schöne Optik mit schwarzen Endkappen. Alle Frästeile entstehen zunächt am Computer und werden dann perfekt passend gefertigt.

Patiniert: Der kleine Ledersattel hat schon die Welt gesehen

Auch Fender, Sitzbank und Armaturen entstehen  in Freiburg. Den Tank modifiziert Matze ebenso wundersam. Das Gefäß ist zweigeteilt. Während in der einen Hälfte der Sprit gelagert wird, beheimatet die andere Tankhälfte den Öltank sowie Zündspule, Batterie und sämtliche Elektrik – was die absolut saubere Optik der Flattie zur Vollendung treibt. Einen Trumpf hat Matze aber noch in der Hinterhand. Die Gabel der Harley soll das auffälligste Merkmal werden. Was mit Zeichnungen beginnt, endet im Bau einer eigenen Gabellehre für das fantastische Teil, das Boardtrack-Feeling aufkommen lässt.

Hochmoderner Dämpfer aus dem Mountainbike-Zubehör

Und wie zum Trotz versieht Matze seine Konstruktion mit einem hochmodernen Dämpfer aus dem Mountainbike-Zubehör. »Ich musste ganz schön schlucken, 400 Euro hat das Ding gekostet«, gesteht der Schrauber, der seiner Kreation aber genau damit die Krönung verpasst. Damit und mit der nonkonformen Lackierung. Entgegen allen Regeln steht ein mattweiß-lila Oldschool-Wunder vor uns, Aha-Design aus Bielefeld hat Matzes Farbvorstellung klaglos mitgemacht. Zum Glück, den auffälliger kann man diese Schönheit kaum in Szene setzen.

Info |  black-ace-customs.de

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.