Donkey Kong, Michael Jackson, Ninja Turtles, Kassetten und C64 – Michel Szozda ist ein Kind der Achtziger. Seine Harley-Davidson Sportster greift den Coolness-Faktor des Neon-Jahrzehnts auf.

In der Werkstatt von Cool Kid Custom in Haarlem stehen einige grelle Kisten, in bunter Zauberwürfel-Neon-Optik, inklusive Filzstiftbemalung. Aus den Lautsprechern eines altersschwachen Ghettoblasters tropft Oldschool-Hip-Hop. Michel hat nichts am Hut mit der Rockabilly- und Hipster-Welle, die in den letzten Jahren über die Szene schwappte.

Die Liebe zu Motorrädern kommt von der Mutter

Stilecht 7 Up mit Strohhalm schlürfend, während im Hintergrund Run DMC läuft, erzählt er seine Geschichte. »Mein Interesse an Kunst habe ich von meinem Dad, ständig haben wir zusammen an irgendwas rumgefrickelt. Meine Mutter war viel in der Biker- und Clubszene unterwegs, von ihr habe ich die Liebe zu Motorrädern geerbt. Mit meiner Ausbildung als Metallbauer habe ich anfangs nie was gemacht. Ich habe lieber erstmal begonnen, als Grafikdesigner zu arbeiten, weil ich etwas Kreatives machen wollte. Aber seit ich Motorräder baue, kommen mir meine Metallbaukenntnisse natürlich gerade recht.«

Den richtigen Luftfilter zu finden, erwies sich als schwierig. Ein Velocity Stack Ansaugtrichter passte schließlich am besten

Alles, was Michel in den 80ern cool fand, bahnt sich irgendwie den Weg an seine Bikes. Und der Name seiner Firma »Cool Kid Customs« soll das widerspiegeln. »Im Moment besitze ich noch keine Ausrüstung zum Drehen und Fräsen, die meisten Arbeiten erledige ich noch mit Schleifmaschine und Schraubstock. Durch den Verkauf meiner Bikes kann ich aber in neue Werkzeuge investieren.

Harley-Davidson Sportster als Recycling-Projekt

Angefangen hab ich in einer winzigen Hütte, in der man sich mit dem Arsch nicht umdrehen konnte. Später hab ich dann diese Baracken gefunden, die eigentlich nur für Künstler und andere Kreative vorbehalten sind, die sich mit dem Thema Recycling beschäftigen. Na ja, ich habe denen erzählt, ich würde alte Motorräder recyclen, und seitdem schraube ich hier.

Wilder Punk-Mix für die Sporty: Während vorn eigentlich der Doppelscheinwerfer eines Autos funzelt, …

Mein Schrauberstil ist schwer zu beschreiben. Ich komme ja aus der Skater- und Graffiti-Szene, das sieht man meinen Motorrädern auch an. Manchmal schrecken die Leute aber zurück, wenn sie meine Bikes mit den verrückten Farben und seltsamen Teilen sehen. Aber ich mach einfach, worauf ich selber stehe.«

Eckige Scheinwerfer und Holzoptik sorgen für den Eighties-Look

Die Harley Sportster ist so ziemlich das »normalste« Projekt aus Michels Garage. Zumindest keine fluoreszierenden Diskofarben. Eckige Autoscheinwerfer und Holzoptik sorgen trotzdem für den Eighties-Look. Bis dato hatte Michel nur an japanischen oder europäischen Bikes gearbeitet, doch die Harley-Technologie erwies sich als … anders.

… folgt das Heck aus Holz den Regeln von Racingbikes. Der Auspuff ist rotzig umwickelt

»Zuerst musste ich Werkzeuge in Zollgrößen anschaffen, die metrischen passten ja nicht. Und als ich das Kurbelwellengehäuse aufschrauben wollte, um es zu bemalen – total easy bei den Japanern –, gab es ein böses Erwachen. Das Ding ist in sämtliche Zahnräder und Getriebeteile zerfallen, ich musste den kompletten Block alleine wieder aufbauen.« Das Dragrace-Heck baute Michel aus einem alten Benzintank, den er geschmälert und dem Rahmen angepasst hat. Immerhin, dabei konnte er seine alten Metallbaukenntnisse aus der Schule anwenden.

Harley-Davidson Sportster mit Wide Glide-Gabel

Vorn baute er die gechoppte Gabel einer Wide Glide ein. Zusammen mit einem 21-Zoll-Rad ist das Bike näher am Asphalt. »Je tiefer die Maschine kommt, umso geiler«, freut sich Michel. Einen 2-in-1-Auspuff wollte er ebenfalls unbedingt an der Harley montieren. Irgendwann findet er in einem Katalog einen, der ihm richtig gut gefällt, »von Roland Sands, arschteuer.« Also beschließt er, den Auspuff selbst zu bauen, aus ein paar Rohren und einem Megaton-Endtopf – ohne dB-Killer natürlich.

»Ich habe keinen festgelegten Stil, dem ich folge. Ich komme aber ursprünglich aus der Skater- und Graffiti-Szene, und das merkt man meinen Motorrädern schon an«

Auch den richtigen Luftfilter zu finden, gestaltet sich als schwieriger, als zunächst gedacht. »Es gibt zwar jede Menge auf dem Markt, aber irgendwie sehen die alle total hässlich aus. Lediglich ein Velocity Stack-Ansaugstutzen passte zum Style des Bikes«, wieder ein Teil weniger auf der Liste. Um den Lenker so clean wie möglich zu halten, verbaute Michel winzige Hebel der schwedischen Firma Tolle. Die Riser fräster er außerdem so, dass eine kleine Motogadget-Armatur darin Platz findet. Auch die komplette Verkabelung wurde durch die Riser verlegt.

XL-Tank mit bescheidenem Fassungsvermögen

Nun musste noch der originale Tank weg. »Als ich das Bike kaufte und damit nach Hause fuhr, war der reguläre Sportster-Tank drauf. Aber nach der halben Strecke – nur vierzig Kilometer von zu Hause entfernt – ging mir der Sprit aus«, erklärt Michel seine Wahl zugunsten eines großen XL-Sportster-Tanks, »wobei, das Fassungsvermögen ist trotzdem noch etwas enttäuschend«, wie der Customizer kleinlaut zugibt. Wett macht er das immerhin mit cooler Optik.

Graffiti-Stil als Tankmalkunst. Die goldenen Buchstaben pinselte Allan Eden per Hand auf das Spritgefäß einer großen Sporty

Da Hip-Hop-Style und Graffiti-Kunst für Michel untrennbar zusammengehören, mussten für den Tank fette Buchstaben im Sprayer-Stil her. Michels Kumpel Allan Edens hat sie im grazilen »Kalligraffiti-Style« per Hand aufgetragen. »Ich werde nicht reich damit, Bikes zu bauen, aber ich bin wirklich froh, das zu tun, was ich liebe«, schließt Michel unsere Geschichte ab. Der junge Customizer ist eine echte Inspiration – nach nur einem Nachmittag mit ihm fühlen wir uns dreißig Jahre jünger und finden die Achtziger plötzlich wieder cool, trotz den New Kids on the Block.

Info |  coolkidcustoms.com

 

Floris Velthuis