Sicher, niemand erfindet das Rad neu. Aber die Richtung, die Adam Nestor mit seiner Harley-Davidson Sportster einschlägt, ist doch irgendwie anders.

Adam ist gelernter Motorradmechaniker und hat einige Jahre als Angestellter im Business gearbeitet. Vor ein paar Jahren entschloss er sich, als selbstständiger Schrauber sein Glück zu versuchen. Sein eigenständiger Stil hat sich in der schwedischen Szene schnell rumgesprochen und sorgt dafür, dass genügend Nachfrage herrscht und der Laden läuft.

Ein Bobber mit modernen Elementen sollte es werden

In Adams Werkstatt stehen Kundenbikes und eigene Projekte zuhauf, wie viele fertige Motorräder er besitzt, kann er nichtmal genau sagen. »Über zwei Dutzend sollten es schon sein«, grübelt er, »die meisten davon Japaner, aber auch Moto Guzzi und eine alte Norton habe ich.« Er hat ein Faible für Vierzylinder, akzeptiert aber auch Zweizylinder, »solange sie nebeneinander stehen«, grinst er. Umso überraschender ist es, dass seine letzten Projekte allesamt auf Harleys basieren.

Die ungewöhnlichen Formen täuschen, die Sportster ist ein leichter, flockiger Race-Bobber mit angebrachter Motorisierung. Das einzige Detail was uns – zumindest aus diesewr Perspektive stört – ist der Auspuff. Da wäre weniger womöglich mehr gewesen

Das Porträt seiner ersten umgebauten Sportster erscheint sogar in einem schwedischen Fachmagazin und begeistert einen Leser so sehr, dass er sich auf den Weg in Adams Shop macht, um selbst ein Projekt in Auftrag zu geben. Thomas wünscht sich einen Bobber mit modernen Elementen. Im gemeinsamen Gespräch werden die ersten Fixpunkte festgelegt. Adams Vorschläge Springergabel, große Trommelbremse vorn und geteilter Tank finden Thomas’ Zustimmung.

Harley-Davidson Sportster mit Monoshock

Dann beginnt die Suche nach einer geeigneten Basis, die sich in einem Modell von 1988 schnell findet. Auch wenn aktuell die Ironheads in der Gunst vieler Schrauber ganz weit vorn rangieren, wählt Adam die Evo mit Bedacht. Für ihn steht Zuverlässigkeit an oberster Stelle. Nachdem die Karre komplett zerlegt ist, wird der Rahmen modifiziert. Nun stützt sich die verstärkte Schwinge über ein einzelnes Öhlins-Federbein ab.

Soundstarker Eigenbau: 2-in-1-Racing-Auspuff aus Edelstahl

Um die Form der Blechteile festzulegen, arbeitet Adam mit Schablonen aus Karton. Von Zeichnungen und ähnlichen Vorlagen hält er nichts. Zumal er von sich behauptet, ein schlechter Zeichner zu sein. Er schnippelt lieber verschiedene Varianten aus seinen Pizzakartons. Wenn er die passende Form gefunden hat, setzt er sie in Aluminium um. »Ich liebe das Material. Es lässt sich leicht bearbeiten und seitdem ich es auch schweißen kann, habe ich noch mehr Möglichkeiten«, erklärt uns der Customizer seine Wahl.

Eine verkleidete Springergabel für die Harley-Davidson Sportster

So entstehen der geteilte Tank, in dem auch der Ölvorrat seinen Platz findet, die Verkleidung der W&W-Springergabel, die für einen sportlichen Look sorgen soll, sowie der Heckfender. Die große Dual-Trommel ist eine Replika einer Yamaha-TZ-Bremse aus den 60ern und wird von einem tschechischen Betrieb in Handarbeit gefertigt. Das ist zwar nicht gerade günstig, sieht aber geil aus. Um die hintere Scheibe optisch anzupassen, sitzt im oberen Bereich eine Abdeckung mit einer Luftzufuhr aus Messing – ein weiteres Material, das Adam gern an seinen Bikes verbaut.

… selbstgefertigte Lochbleche, Monofederung, Lampenverkleidung und mehr

Für den modern gestalteten 2-in-1-Auspuff kommt außerdem Edelstahl zum Einsatz. Der Sattel ist eines der wenigen Teile, die Adam nicht selbst herstellt. Die Polsterer vom One Stop Shop in Göteburg bauen das Teil nach seinen Vorgaben. Das Bike ist fast fertig, Zeit für die Farbwahl. Auftraggeber Thomas wünscht sich eigentlich einen Mix aus Braun und Beige, für Adam steht aber fest, dass Blau am besten zu diesem Bike passt.

Adam hat der Sporty einen Dreh verpasst, der überrascht

Thomas, der regelmäßig die dreieinhalb Stunden Anfahrt zu Adams Shop auf sich nimmt, um verschiedene Arbeitsschritte und Entscheidungen zu besprechen, vertraut ihm und wird nicht enttäuscht. Die »63« an der Schwinge steht übrigens für sein Geburtsjahr. Kaum fertig, greift das Bike erste Pokale auf schwedischen Shows ab. Und auch wir müssen anerkennen: Adam hat der Sporty einen Dreh verpasst, der überrascht und zeigt, dass innovative Custombikes keine Illusion sind.

Info | adamscustomshop.se

 

Charley Charles