Am Rande des Ruhrgebietes reifte aus einer kleinen privaten Schraubergemeinschaft das schöne Buddy-Projekt »Altes Eisen«. Diese knorrige Harley-Davidson Sportster war eines der ersten Projekte des Trios.

Ein Lackierer, ein Tätowierer, ein Werbeprofi – wer sich die Jobs der drei Freunde Samir, Christoph und Dirk im Zusammenspiel vorstellt, der ahnt nur Gutes. Handwerk, Kunst und Marketing treffen aufeinander und werden mit einer großen Portion Motorradliebe gewürzt. Unter dem Label «Altes Eisen« schrauben die Jungs aus Hagen an Moppeds. »Alles privat«, erzählt Samir, denn alle drei sind mit ihren Jobs selbständig. »Aber geschraubt haben wir eben schon lange zusammen.

»Alte Handwerkskünste faszinieren uns«

Zweimal in der Woche haben wir uns getroffen, ein Bierchen getrunken, an den Karren gebastelt. Also konnten wir dem Kind auch einen Namen geben und ein bisschen mehr machen.« So entwerfen die Jungs Shirts oder Hoodies mit kühlen Motiven, traditionell anstatt grell. Und damit voll passend zu ihren Moppeds. »Alte Handwerkskünste, Schmieden, Blechbearbeitung, Schneidern, das ist es, was uns fasziniert.«

Eigentlich sollte die Sportster ein Cafe Racer werden. Doch Bobber-Reifen und Steam-Punk-Accessories sorgen für die individuelle Note

Kein Wunder, dass Samir auf Bobber und Chopper steht und Zero Engineering nennt, wenn es um bevorzugten Stil beim Bauen geht. Die Harley Sportster spiegelt den Geschmack der Hagener Jungs da ganz hervorragend wider. Dabei mag man kaum vermuten, dass das Bike mit einem knappen Budget realisiert wurde. Die 883er Sporty stammt aus Samirs Repertoire, er hatte sie schon lange bei sich stehen. 

Harley-Davidson Sportster – Robust, stimmig und funktionsfähig

Der Teilefundus, aus dem die Freunde ihre Parts für den Umbau ziehen, stammt zum größten Teil aus Internet-Auktionen. »Es ist uns wichtig, den alten Teilen ein neues Gesicht zu geben, sie unserem Geschmack anzupassen. Robust, stimmig, funktionsfähig, das ist so unser Ding.« Und so ist es auch zu erklären, wie die alte Lambretta-Hupenabdeckung zum Luftfilter mutiert. Oder der Supertrapp-Endtopf auf den groben Eigenbau-Krümmer gepflanzt wird.

Kunst am Bau: Gravuren verzieren die Bremsankerplatten der vor-deren Trommelbremse

Eine Springergabel ist ein klassisches Must-have. In diesem Fall kommt sie von Zero und hat maßgeblichen Anteil an der späteren Linie des Bikes. Die Gabel gibt nämlich die Höhe der Sporty exakt vor, der Rake des Rahmens bleibt dagegen voll original. Im Heck passen die Jungs progressive Dämpfer ein. Rahmen und Schwinge bilden am Schluss eine schön parallel zum Boden laufende Linie. Die Gabel ist eng an den Rahmen gestellt, der Lenker ultra-schmal, und auch die 16-Zoll-Räder mit den knubbeligen Firestones sagen ganz klar: »Ich bin ein Bobber.«

»Alte Handwerkskünste faszinieren uns«

Wenn da nicht die Sitzbank-Heck-Kombination wäre, die die »Altes Eisen«-Crew aus Edelstahl fertigt. Das Rücklicht lassen die Jungs sauber ins Heck ein. Das braune Leder der Sitzmulde ist ans Heck »geknöpft«. »Es sollte ja auch eigentlich ein Cafe Racer werden, aber eben in unserem Stil«, sagt Christoph. Macht Sinn, auch beim Blick auf den Tank, der mit klassischen Knieschlüssen versehen ist.

Wenn von Charme und Charakter die Rede ist, schließt das das Thema Fahrbarkeit gerne aus. Anders hier, denn seriennaher Motor, straffe Stoßdämpfer und die ordentliche, hintere Bremse tragen zum vernünftigen Fahren bei, ohne das einzigartige Design zu beeinflussen

Feinarbeit verhilft der Harley-Davidson Sportster zu weiteren Gimmicks. So liegt zum Beispiel die komplette Elektrik mitsamt Zündschloss unterm Tank, teilweise versteckt hinter einer Metallverkleidung mit Siebfenster. Die gleiche Spielerei findet sich auf dem Fender und ermöglicht einen Blick von oben aufs Rücklicht. Rundtacho und Öldruckmesser sind seitlich am Tank montiert, so bleibt das Cockpit eine ganz saubere Angelegenheit.

Harley-Davidson Sportster – Rotziger Patina-Look

Die vordere Trommelbremse erhält eine Gravur, die Frontlampe ist ein altes Messingrelikt. Dass der Lackierer Samir außerdem auf eine klassische Lackierung verzichtet hat, macht die Sache rund. Anstatt wie sonst mit Farben hantierte er hier mit Phosphor und leichtem Flugrost. Er versah die komplette Maschine mit mattem Klarlack und erreicht so einen leicht rotzigen Patina-Look: »Jegliche Farbe hätte ihr einfach nicht gut gestanden«. Das Zero-Vorbild Shinya Kimura würde Samir da ohne zu zögern zustimmen. Und hätte Spaß an dem Bike, das unverkennbar von ihm beeinflusst, aber eben doch ein völlig eigenständiges Ding von drei Freunden ist.

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.