Ramons Motorradkarriere verläuft über Scooter und Naked Bikes hin zu Supermotos. Doch die Probefahrt mit einem Big Twin aus Milwaukee verändert alles und so nimmt er sich eine Harley-Davidson Softail Heritage Classic zur Brust.
Die klassische Schrauberkarriere gibt es heute wohl nicht mehr. Manche bekommen die Leidenschaft in die Wiege gelegt oder von den Eltern vorgelebt. Und andere wiederum brauchen eine Initialzündung, bis sie den Weg klar vor sich sehen. Ramons Geschichte beginnt irgendwo im Kindesalter. Es ist das tiefgründige Interesse an allem, was mechanisch ist und sich mit Werkzeug bearbeiten oder verändern lässt. Und wer im Odenwald aufwächst, wird spätestens im Mofa-Alter mobil sein und die Kisten garantiert nicht im Serienzustand belassen.
Mit schreienden Zweitakt-Sägen der Umwelt auf den Geist gehen
Und so baut Ramon alles um, was ihm in die Hände kommt. In seiner Generation sind es die Scooter, die gepimpt und auf Höchstleistung getrimmt werden. Schreiende Zweitakt-Sägen, die ihrer Umwelt auf den Geist gehen. Mit achtzehn ist der Spuk vorbei. Autos sind cooler und werden, na klar, umgebaut. Erst mit zwanzig macht er den Motorradführerschein und steigt bei den Naked Bikes ein. Suzuki Bandit und Kawasaki Z1000 sind die Modelle, mit denen er durch den Odenwald bläst. Dann folgt eine Husaberg Supermoto und zwei Unfälle, die ihm vor Augen führen, wie schlimm ein Sturz ausgehen kann.

Auch Vater Matthias lässt das nicht kalt: »Ich hatte keine Lust, eines Tages ein Holzkreuz am Straßenrand aufzustellen.« Er besorgt ihm vom lokalen Harley-Händler eine Fat Boy, leihweise. Danach ist nichts mehr, wie es war. Ramon ist Feuer und Flamme. Fast scheint es, als hätte da einer seine Bestimmung gefunden. Der Harley-Virus ist übergesprungen und bestimmt fortan das Denken und Handeln. Trotz seiner knappen Zeit als Kaufmann beginnt er mit der Suche. Es muss ein Big Twin sein, eine Heritage Softail.
Harley-Davidson Softail Heritage Classic aus Litauen
»Mir gefällt diese Starrrahmenoptik, und Speichenräder sollte sie auch gleich haben«, wie Ramon betont. Um ein Budget zusammenzubekommen, verkauft er sein Cabrio. Mit dem Geld, 10.000 Euro stehen ihm zur Verfügung, stöbert er im Internet, rastlos und hartnäckig. Denn mit diesen Summen beginnt der Einstieg in die Big-Twin-Welt von Harley erst richtig. Über die Substanz solcher Modelle muss man sich nichts vormachen. Sie ist schlicht gesagt bescheiden. Das muss auch Ramon einsehen.

Das einzige in Frage kommende Angebot ist eine Softail Heritage Classic, die in Litauen angeboten wird. Es ist eine verunfallte Harley, die den Weg aus den Staaten nach Europa gefunden hat. Blauäugig, unerfahren, beinahe naiv, aber mit dem unbedingten Willen, eine Harley sein Eigen nennen zu wollen, macht er sich auf den Weg. An der polnischen Grenze trifft er den Verkäufer, übergibt ihm die geforderten 7.700 Euro. Zum Glück geht der Deal reibungslos über die Bühne und Ramon kann mit seiner leicht zerbeulten Heritage die lange Heimreise antreten. Es gibt Fälle, da ist das auch ganz anders ausgegangen.
Ramon schwebt ein eher kleinerer Umbau vor
Kaum in der heimischen Garage angekommen, folgt die Bestandsaufnahme. Die Schäden halten sich in Grenzen. Rahmen und Gabel sind in Ordnung, Tank, Fender und andere Anbauteile beschädigt. Da die Harley sowieso umgebaut werden soll, spielt das für Ramon keine Rolle. Ihm schwebt ein eher kleinerer Umbau vor. Ein bisschen die Schutzbleche ändern, ein anderer Lenker, ein anderer Auspuff. Doch die Erkenntnis, dass sowas auf Dauer nicht befriedigend ist, folgt schnell, denn innenliegende Züge sollten es dann auch noch sein.

Also folgt ein Komplettumbau. Das Bike wird gestrippt und in seine Einzelteile zerlegt, alles sauber beschriftet und in über fünfzig Kisten sortiert. Für den Bobber-Stil konstruiert er einen mitschwingenden Heckfender, schneidet die Struts ab, und verbringt Stunden im Internet auf der Suche nach passenden Teilen. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht ein Paketdienst an der Haustür klingelt.
Vater-Sohn-Tag – Es wird geschraubt, geflext, gedreht, gefräst
Freitags ist Vater-Sohn-Tag, den sie sich durch nichts und niemanden nehmen lassen. Es wird geschraubt, geflext, gedreht, gefräst. Der Vater assistiert. »Ramon ist so ein Tausendprozentiger«, wie Matthias gesteht. »Immer bis ins letzte Detail, bis alles passt. Ohne Kompromisse.« Nachdem das Bike komplettiert ist, alles zusammenpasst, die Teile vom Pulverbeschichten und Lackieren zurück sind, beginnt das Finale.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Sauber steht er da, der Bobber. Kabel und Züge in den Lenker verlegt, die Kupplung auf hydraulische Betätigung umgebaut, die Blinker unauffällig platziert. Dazu die dezente Lackierung. Alles so, wie es sich Ramon vorgestellt hatte. Gut eineinhalb Jahre Arbeit stecken in der früheren Heritage. Alles neben dem Hauptjob realisiert. Professionell schrauben steht vorläufig nicht auf der Agenda.
Der Umbau der Harley-Davidson Softail Heritage Classic geht weiter
Dafür aber weitere Umbaumaßnahmen. Eine Pulley-Bremse schwebt ihm vor. »Um die 80-Speichen-Räder besser aussehen zu lassen. Und mehr Dampf dürfte sie auch haben. Ein 124er-S&S-Motor wäre wohl meine Wahl.« Da fällt dann die geplante »Jekill & Hyde«-Auspuffanlage mit samt Krümmern auch nicht mehr ins Gewicht. Der Umbau geht weiter.

Super Moped.Sehr schöne Arbeit