Eigentlich ist er der Knuckle-Man aus Minnesota. Für ein besonders ehrgeiziges Projekt nahm sich Kevin »Teach« Baas allerdings eine Harley-Davidson Panhead zur Brust.

Es war großartig, ich hatte dort einen Wahnsinnsspaß. Die genialen Bikes, die coolen Leute … beeindruckend – und mein persönlicher Beitrag dazu dann auch noch als »Best Panhead« ausgezeichnet«, Kevin zieht sein persönliches Resumee der Born Free Show. Der Mann aus Minnesota hat wahrlich schon an vielen Choppershows teilgenommen, aber der Anruf von Grant Peterson machte ihn zunächst mal sprachlos: »Teach … we want you to be one of our invited builders for Born Free.«

Einladung zur besten und größten Choppershow der USA

Wer Teach kennt, der weiß, dass ihm diese Bitte ein Ohr-zu-Ohr-Grinsen auf sein spitzbübisches Gesicht getrieben haben muss. Welch eine Ehre – persönlich eingeladen zu werden als Motorradschrauber zur besten und größten Choppershow der USA, wenn nicht sogar weltweit. Einfach der Hammer und eine Verpflichtung, zur Born Free mit einem neu aufgebauten Bike zu erscheinen. Knapp neun Monate blieben ihm da noch bis zur Veranstaltung.

Das Race-Thema war für die Panhead ein Pflichtprogramm, für den Straßeneinsatz würde der Slick im Hinterrad aber einem normalen Reifen weichen

Sofort bemühte er sich, ein Basisbike zu finden. Und tatsächlich standen sowohl eine 1952er FL als eine 1940er ULH zur Debatte. Obwohl, bei der ’52er war eigentlich nur ein bereits fertig überholter Panhead-Motor vorhanden. Für die ’40er Big-Twin-Flathead hatte Teach wenigstens noch einen originalen, unverbogenen Starrrahmen zur Hand. Also zwei zu eins für den Aufbau der Flathead? Jein! Der Edelschrauber hatte nämlich von einer gebobbten Panhead gehört.

Harley-Davidson Panhead mit Linkert-MR4-Race-Vergasern

Dreißig Jahre soll sie bei einem Sammler rumgestanden haben, nach der Restaurierung angeblich nie gelaufen sein. Ein paar Kerle aus Illinois hatten sie aus einem Nachlass gekauft, leider aber schon einige alte Teile abgeschraubt. Dass sie dafür die Springergabel einer neueren Harley eingebaut und viel Repro-Chromramsch anklatschten, machte die Sache nicht ungeschehen. Aber die geniale Basis – ein 1948er Rahmen und als Leckerli ein polierter 1946er Motor mit speziellen Panhead-Köpfen, auf zwei Linkert-MR4-Race-Vergaser umgebaut – war ja vorhanden. Der Deal wurde abgeschlossen.

Alte Teile restaurieren, ja nichts neu kaufen, Historie bewahren – so wandert auch schon mal Retro-Sanitärbedarf an ein Motorrad aus Teachs Werkstatt

Zuhause wurde zuerst die neue, verchromte Evo-Springer gegen eine alte Springergabel mit Offset ausgetauscht, nur um deren Look zu checken – und sie sah gut aus. Ein wenig enttäuscht war Mr. Baas, als er nach Abbau des Tanks feststellen musste, dass die Kerle in Illinois den originalen Harley-Rahmen mit der Flex bearbeitet hatten. Nur, um hinter den Lenkkopf einen elektronischen Regler setzen zu können.

Zweivergaser-Panheadköpfe auf dem Knucklehead-Motor

Weil dieses neumodische Bauteil auch in der Breite nicht zwischen die Tankhälften gepasst hatte, hatten sie zudem kurzerhand die dem Rahmen zugewandten Tankinnenseiten mit dem Hammer malträtiert. Teach baut zwar Chopper und schaut dabei weniger darauf, originale Teile zu verwenden. An alten, unverbastelten Harley-Teilen wird bei ihm allerdings nichts mehr geändert. Er hat da klare Vorstellungen: Originales muss gerettet werden!

Die zwei Vergaser ziehen alle Blicke auf sich, die Arbeit dahinter sieht so kaum noch einer. Dabei war die Aufbereitung des V2 eine echte Meisterleistung

Auch für zeitgenössisches Zubehör hat er ein Auge: Beim Anblick der Zweivergaser-Panköpfe auf dem Knucklehead-Motor, war ihm das Herz fast ins Stolpern geraten. »George Smith Senior, einer der Gründer von S&S, hatte diese Köpfe für Rennzwecke in den 50er Jahren auf die zwei Linkerts umgebaut. Und irgendeiner machte sie dann passend für die Knucklehead-Zylinder und für die Rollenstößellagerböcke (die bei Pan- und Knuckle-Motoren in einem leicht anderen Winkel verlaufen)«, erklärt er. So war das Race-Thema für die »neue« Alte schon fast von alleine vorgegeben.

Der Harley-Davidson Panhead wurde umfassend revidiert

»Nun fest im Fokus, was ich für die Show wollte, baute ich das Bike erst mal auseinander. Auch den Motor! Diese ganz speziellen Köpfe sollten meinem bereits vorhandenen Panhead-Motor mehr Kraft verleihen. Den Rumpfmotor, der ja von einer Knucklehead stammte, den hob ich mir für ein zukünftiges Projekt auf.« Als Erstes schweißte Teach also diverse Löcher an den Panhead-Köpfen wieder zu. Sie waren ja auf Knucklehead-Muster umgebohrt worden. Er fräste die Löcher neu für die Stoßstangen-Hüllrohre – jetzt wieder im richtigen Winkel – und schnitt auch neue Anschraubgewinde rein, so dass sie wieder auf Panhead-Zylinder passten.

Auf dem Handschalthebel sitzt der Knauf eines Hurst-Autoschaltknüppels

Selbst am Einpass für den Feuersteg des Zylinders mussten die Köpfe dem Original wieder nachempfunden werden. Wo die Reste von abgebrochenen Kühlrippen standen, schweißte Teach Material auf, er fräste und verputzte, schmirgelte und strahlte. Diese sensationelle Arbeit ist freilich am fertigen Umbau fast nicht mehr zu erkennen, ziehen doch die zwei Linkert-Vergaser mit den neckischen Bird-Deflector-Abdeckungen die Aufmerksamkeit der Betrachter komplett auf sich.

Ein Magneto kriegt nicht unbedingt einen Schönheitspreis …

Teachs Perfektion und seine Eigenart alte Harley-Teile nicht abzuändern, trieb auch an anderer Stelle seine nahezu unsichtbar bleibenden Knospen: Ein alter Joe-Hunt-Magnetzünder, der sich im Fundus des Lehrers fand, musste an die Panhead. Viele Schrauber früherer Tage bauten diese Zündstromerzeuger an ihre Kickstart-Bikes, weil sie eine Batterie überflüssig machen. Doch so ein Magneto kriegt nicht unbedingt einen Schönheitspreis, wenn er nach rechts außen absteht.

Kabel im Lenker sind Pflicht, Tastschalter als Bedienelemente ein cleanes Element

Will man ihn in schlanker Manier nach vorne gerichtet anbauen, verlangt das entweder einen Höhenadapter, und er kommt dann möglicherweise sogar mit Kühlrippen in Kontakt, die dann weichen müssen, oder – und das haben sehr viele gemacht – der störende Anschraubbock (engl. = Boss) des originalen Spannungsreglers vorne am Motorblock, wird – weil durch den Magneto der Regler überflüssig wird – einfach abgeflext. Teach ging einen komplett anderen Weg. Er fräste und schweißte das Gehäuse des Magneto um. »So I saved the boss!«, brüstet sich der Edelschrauber.

Die Feinheiten des Bikes fanden bei Born Free höchste Anerkennung

2500 Meilen westlich der Twin Cities von Minnesota feierte der schraubende Lehrer in Kalifornien schließlich seinen bis jetzt größten Triumph in Sachen Harley-Davidson-Veredelung. Die Feinheiten des Bikes fanden bei Born Free höchste Anerkennung. Wie beispielsweise für die seltenen doppelt abgewinkelten »Stelling & Hellings Dog Bone Risers«, die man in der Anfangszeit der Bobber/Chopper an abgesägte originale Springer-Lenkerbrücken schraubte.

Aus dieser Perspektive wird der Racing-Aspekt dieses Choppers klar ersichtlich

Oder die absolut rare hintere Duplex-Bremsankerplatte. Und noch vieles mehr, auf das all die oldschoolorientierten neuen Chopper-Jünger scharf sind: Einen modellierten Wassel-Benzintank, Aluminium-Hochschulterfelgen und am Vorderrad sogar einen extrem gesuchten, ultraschmalen Avon-Speedmaster-Vorderreifen der Dimension 2.75 x 21 Zoll. Ein gut erhaltenes Exemplar wird fast mit Gold aufgewogen. Der hinten aufgezogene, achtzehnzöllige Drag-Racing-Slick ist genauso alt und beide Reifen werden seit Jahrzehnten nicht mehr produziert. Und die in Minnesota ausgestellten Fahrzeugpapiere bekunden – wie in den USA üblich, mit der Motornummer als Referenz – dass es sich um eine Harley-Davidson FL Baujahr 1952 handelt. Was sonst?

Info |  baasmetalcraft.com

 

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.