»Das ist ein sehr leckerer Burger«, sprach Samuel L. Jackson, bevor er abdrückte. Doch was macht einen Burger so gut wie den »Big Kahuna«? Richtig, die exakte Abstimmung der Zutaten und das Weglassen von unnötigen Ingredienzen. Veranschaulicht an diesem Harley-Davidson JD Racer

Lampe, Blinker, Elektrik? Stakkatoartig kommen die Fragen in den Kopf, wenn wir das Werk betrachten. Wir konzentrieren uns fast automatisch auf das, was fehlt. Und das ist mehr als an einem üblichen Chopper. Die Frage nach dem »Wieso nicht« kann Stefano, einer der Köpfe von PDF Motociclette aus Bergamo, beantworten: »1927 gab es das alles nicht, warum sollten wir es dann verbauen?« Sicher, er hat recht, früher bestand auch ein Burger aus nichts als Brötchen, ordentlich gegrilltem Fleisch, Zwiebeln und Ketchup. Erst später überluden eifrige Menschen das Fastfood mit Käse, Avocados, Jalapenos und unendlich vielen Soßen.

»Big Kahuna ist ein aufs Wesentliche konzentriertes Stück Motorradgeschichte. Rahmen, Motor, Gabel, Räder – die Urform des Zweirades«

Und so war das nunmal auch mit Motorrädern. Motor, Rahmen, Räder – das sind die wichtigsten Zutaten eines Bikes der Vorkriegszeit. Allen anderen Tünnef leisteten wir uns erst viel später. Manchmal soviel davon, dass der Geschmack der Freiheit aufs Unendliche verfälscht wurde. »Big Kahuna« kehrt zu den Wurzeln zurück, ganz weit zurück. Was Stefano und Frenky, der Mann fürs Grobe, in Bergamo ausgetüftelt und in Verona dem Publikum gezeigt haben, ist ein Stück Motorradgeschichte. In den 20er-Jahren baute Harley-Davidson die wechselgesteuerten Big-Twin-Modelle der JD-Baureihe, die Italiener nutzten einen der seltenen Production-Racer, die aus der Baureihe hervorgingen.

Harley-Davidson JD Racer – Die Achtventil-Motoren waren die Macht

Die waren speziell für den Rennsport konzipiert, vor allem bei Boardtrack-Races und auf dem Flattrack waren die Achtventil-Motoren die Macht. Aber machen wir uns nichts vor, »Big Kahuna« wird im derzeitigen Zustand nicht an die Rennerfolge der Company anknüpfen können. Zuleitungen und Züge fehlen, dieses Motorrad kann gar nicht fahren (mittlerweile fährt es aber doch, sucht mal bei YouTube …). Wunderschön ist der Boardtracker trotzdem, eben weil nichts das Bild verschandelt und Stefano und Frenky trotz allem einen Blick fürs Wesentliche bewiesen haben.

Stefano (links) ist der Kopf hinter PDF Motociclette, Frenky (rechts) der Chefmechaniker, der altes Eisen wieder in Vorzeigeform bringt. Mit viel Gespür für die alten Zeiten haben sie den antiken Racer neu aufgebaut. So entstanden wesentliche Bauteile wie Springergabel, Tank und Fender aus Messing im eigenen Haus

Aus Messing entstanden der Tank – mitsamt integriertem Ölgefäß – der Fender und das Herzstück, die hausgemachte Springergabel. Die ließen die Italiener künstlich altern, der »Used-Look« ist ein Steckenpferd der Oldschool-Spezialisten. Auch der nach unten gebogene Lenker war eine Pflichtaufgabe, ein Boardtracker darf dem Fahrer nie eine andere Haltung geben, als die nach unten gebeugte. Die Griffe sind lederumwickelt, mit Draht fixiert, alles wie damals. Mehr gibt es zu diesem Bike nicht zu sagen, denn mehr ist nicht dran. Wie bei einem guten Burger, ihr erinnert euch.

Info | PDF Motociclette

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.