Einen Stil zu pflegen, bedeutet auch, einen Wiedererkennungswert zu schaffen. Die Bikes von OWM sind inzwischen unverkennbar – weil sich Julian von Oheimb treu bleibt. Auch beim Umbau dieser Harley-Davidson Heritage Softail …

Dragracing oder Sprintrennen – Julian von Oheimb, das Mastermind hinter One Way Machine, macht sich tatsächlich nichts aus Rennen über die Viertelmeile-Distanz. Eigentlich macht er sich gar nichts aus Motorsport im Allgemeinen. Er sieht sich eher als Designer, der ständig auf der Suche nach neuen Herausforderungen ist. Wie kommt es dann, dass mit der »Quartermile« quasi eine Hommage an das Dragracing entstanden ist?

Am Frontend musste die Seriengabel der Softail einem Pendant aus der Sportster weichen, das mit Rebuffini-Gabelbrücken kombiniert wurde. Das Teil baut wesentlich schmaler und unterstreicht die schlanke Silhouette des Bikes. Gabelverkleidung und Scheinwerferabdeckung sind Eigenkonstruktionen

»Billy Lane hatte mal vor über zehn Jahren eine Knuckelhead umgebaut und mit Slick-Reifen bestückt. Ich war geflasht von dem Bike und die Vision, etwas Ähnliches zu bauen, spukt mir schon seit geraumer Zeit im Kopf herum. Es fehlte bisher nur die passende Gelegenheit«, so Julian über die Hintergründe zur Entstehungsgeschichte.

Ein Traum: Mit zwei Harleys durch den Mittleren Westen

»Unverhofft kommt oft« trifft es diesmal zwar nicht, doch die Gelegenheit zur Umsetzung kommt in Form von Harley-Davidson, die im Sommer eine Auswahl von fünfzig Customizern weltweit zur Jubiläumsparty nach Prag eingeladen hatten. Mit Bike natürlich. »Das ist schon eine große Ehre für jeden Bikebuilder, doch anfangs musste ich überlegen, die Einladung überhaupt anzunehmen, denn ich hatte zur selben Zeit einen Roadtrip durch die Staaten mit meinem Vater geplant. Wir beide, mit zwei Harleys durch den Mittleren Westen, das war schon immer ein Traum.« 

»Meine Kunden wollen keine Showstepper, sondern fahrbare Bikes für ihren nächsten Wochenend-Trip. Deshalb bekam die Quartermile beim Verkauf auch richtige Reifen und Straßenzulassung«

Aufgrund von gesundheitlichen Problemen des Vaters wird der Roadtrip kurzerhand verschoben und Julian entschließt sich, ein Bike für Prag zu bauen. Zeit also, einen anderen Traum zu verwirklichen. Wie immer bei solchen Projekten, drängt die Zeit. Bis zum Event bleiben weniger als vier Monate. Wenigstens überlässt es Harley-Davidson den Bikebuildern, was sie zum Jubiläum mitbringen. Ob alt oder modern spielt keine Rolle. Für Julian eine leichte Entscheidung. Es soll etwas Modernes werden.

Eine 2007er Harley-Davidson Heritage Softail als Basis

Da Julian in der Regel für ein  Motorrad von One Way Machine etwa ein bis eineinhalb Jahre Bauzeit einplant, war diesmal Eile geboten und eine schnelle Lösung für Basis und Konzept musste her. Welch ein Glück, dass sein Vater noch eine aus den USA importierte 2007er Softail Heritage in der Garage stehen hat. Passend zur Basis braucht es nun aber auch ein entsprechendes Konzept. Er durchwühlt seine Schreibtischschubladen nach alten Design-Ideen und stößt auf ein paar Dragbike-Skizzen.

Ein großes Problem bei Aufbauten stellt immer wieder die Auspuffanlage dar. Eingeschränkt durch die Zulassungsfähigkeit, wird man oft gezwungen, Kompromisse einzugehen, die mitunter die Optik versauen. Mit der BSL-Anlage hatte Julian Glück, denn sie passt bestens ins Konzept der »Quartermile«

Um sich treu zu bleiben und auch diesem Bike den typischen OWM-Style zu verpassen, wird es, auch im Hinblick auf Zulassungsfähigkeit und Fahrbarkeit kein radikales Dragbike. »Ich baue halt für die Straße und nicht für die Rennstrecke«, liefert Julian auch gleich die Begründung mit. Der Aufbau selbst folgt einem bewährten Muster. Das Basisbike wird komplett zerlegt und Rahmen sowie Schwinge gecleant.

Harley-Davidson Heritage Softail mit Sportster-Tank

Im nächsten Schritt modifiziert er Motor, Getriebe und Öltank. Als neuer Benzinbehälter dient ein Sportster-Custom-Tank, der umgearbeitet wird, sich harmonisch ins Konzept fügt und die Linie flach hält. Auf einen Frontfender verzichtet er, fertigt aber den Heckfender selbst. Besonders markant ist die einseitige Halterung, die Julian links an der Schwinge anschlägt. »Ich wollte mal etwas anderes machen und von der rechten Seite eine freie Sicht auf Rad und Schwinge erhalten.«

Julian von Oheimb lebt sein Motto: »Jedes Bike nur einmal.« Sich nicht selbst zu kopieren ist eine Herausforderung. Trotzdem setzt er immer wieder neue Ideen um, kreiert,im wahrsten Sinne des Wortes, einmalige Bikes – und bleibt dabei dennoch sich selbst und seinem Stil treu

Bei der Auswahl der zu verbauenden Komponenten verlässt er sich, wie immer, auf seine Erfahrung und verwendet ausschließlich Parts, bei denen er auf eine entsprechende Qualität vertrauen kann. Den minimalistischen Sitz lässt er von Spirit Leather fertigen. Eine der wenigen Arbeiten, die er, wie die Lackierung auch, außer Haus gibt. Die Spezialisten von BK-Lack und Cocobreezé Creative Artworks verpassen der Quartermile eine klassische Lackierung, die es in sich hat.

Kein poliertes Aluminium sondern eine Lackierung

Denn was an Tank und Heckfender so elegant nach poliertem Aluminium aussieht, ist in Wirklichkeit eine Lackierung, die in einem aufwendigen Verfahren aufgebracht wird. Klar, dass auch dieses Bike nicht lange in seinem Besitz bleibt. »Für den Verkauf hat sie allerdings andere Reifen und natürlich eine Straßenzulassung bekommen. Meine Kunden wollen schließlich keine Showstepper, sondern fahrbare Bikes für ihren nächsten Wochenendtrip.«

Info | onewaymachine.com

 

Christian Heim