Die FXR führte stets ein Schattendasein hinter den beliebten Softails – dabei ist sie nicht unbedingt die schlechtere Modellwahl, wie diese Harley-Davidson FXRS Convertible beweist.

In den USA sind Harleys FXR-Modelle schon ein ganzes Weilchen schwer angesagt und vor allem in der Umbauszene sehr beliebt. In Europa sieht das etwas anders aus. Auf den Straßen sieht man das Modell kaum und auch in den Werkstätten herrscht eher Flaute in Sachen FXR.

Softails sind Umbaubasis Nummer Eins

Softails, die gehen dagegen immer und sind – sprechen wir von moderneren Harleys – Umbaubasis Nummer Eins. Das liegt an der Rahmenkonstruktion der Softails, die ein starres Fahrwerk vorgaukelt wo keines ist. So ließ die Gemeinde hierzulande die FXR gern links liegen.

Praktisch, wenn man in einer Schrauber­gemeinschaft zusammen arbeiten kann. Das Heckteil zum Beispiel fertigt Suicidal-Member Raymon aus zwei Tafeln Blech per Hand

Dabei verfügten die Vorläufer der Dynas eigentlich über die modernere Rahmenbauweise und boten in Kombination mit dem gummigelagerten Motor – das »R« im Modellnahmen steht für rubber-mounted – den höheren Fahrkomfort. Schließlich hatte seinerzeit kein Geringerer als Erik Buell seine Hände bei der Entwicklung der FXR-Fahrwerke im Spiel.

Harley-Davidson FXRS – 1994 markierte das letzte Modelljahr

Trotzdem, während in den USA die FXR Super Glide extrem beliebt war, konnte sie in Europa keine ganz großen Erfolge feiern. 1994 markierte das letzte Modelljahr der FXR-Baureihe, wobei es später immer wieder limitierte Sonderauflagen gab.

In der Komplett­ansicht erinnert das Motorrad an Harleys glorreiche Renn­historie mit einem Schuss Eighties-Attitude

»Die FXR hat sich einfach nie so richtig durchgesetzt«, sagt auch Bernd Maurus und schiebt nach, »zu Unrecht.« Der 53-Jährige arbeitet im Hauptberuf für ein Busunternehmen und treibt sich in seiner Freizeit als Mitglied der Suicidal Choppers aus dem kurpfälzischen Lampertheim auf Motorradtreffen, Rennveranstaltungen und natürlich in der hauseigenen Werkstatt der Jungs rum.

Harley-Davidson FXRS – Eine gute Basis für sportliche Umbauten

Für seinen Umbauplan eines sportlichen Big-Twins kam ihm die FXR gerade recht, »einfach eine gute Basis.«Eigentlich hatte Bernd das Moped aufgrund einer kaputten Kopfdichtung in die Garage der Suicidals geschoben, das Problem sollte gemeinsam behoben werden.

Gabel, Felgen und Bremsen einer Buell XB12 geben dem Bike den nötigen Racing-Style

Doch wie das so ist, »ein bisschen zu viel Bier, ein paar zu viele Ideen, und schon stand das Projekt FXR fest. Die Kopfdichtung dagegen funktioniert bis heute nicht richtig«, schmunzelt Bernd. Wie bei den Lampertheimer Schraubern üblich, wird am Motor des Basisbikes ein wenig Hand angelegt.

Harley-Davidson FXRS – Etwa 80 PS leistet der Evo jetzt

Die Zylinderköpfe sind bearbeitet, eine schärfere Nockenwelle eingesetzt, etwa 80 PS leistet der V2 nun. Dazu wird das komplette Frontend getauscht. Clubkollege Frank hatte sich eine Buell XB12 zugelegt und schwer umgebaut, Gabel und Räder aus dem East-Troy-Racer brauchte er nicht mehr. Die Teile sind für Bernds Projekt perfekt geeignet. 

Durch die verlängerte Schwinge wirkt die FXR noch einen Ticken tiefer und flacher. Die Feder­beine von YSS sind nicht nur vergleichsweise günstig, sondern auch gut

Das sportliche Frontend und die starken Bremsen des Supersportlers geben der FXR den nötigen Racing-Style. Damit das Ganze auch optisch tiefer und flacher wird, wird die Originalschwinge verlängert.

Praktisch – Eine Halle voll mit kreativen Köpfen

Der Dämpfer kommt von YSS, »diese Dämpfer sind wirklich günstig, aber gleichzeitig sehr gut«, um die 200 Euro hatte Bernd dafür gezahlt. Fehlt noch eine passende Sitzbank-Heck-Kombination. »Wenn du eine Halle voll mit kreativen Köpfen hast, ist das echt praktisch«, erklärt Bernd.

Da hat der Blechpatscher aber ganze Arbeit geleistet und ein gleichermaßen schnittiges wie sportliches Heck geformt. Top!

Suicidler Raymon, auch ehrfurchtsvoll »der Blechpatscher« genannt, baut das Heck aus zwei Blechtafeln per Hand. Es harmoniert prima mit dem langen Honda-Tank. Aber auch Bernds eigenes Talent darf schließlich noch zum Einsatz kommen.

Eigentlich sollte das Bike einen Martini-Look bekommen

Er hat nicht nur für seine Schraubergemeinschaft schon viele Pinstripes und Bilder an die Wände gezaubert hat, sondern er lackiert natürlich auch den eigenen Hobel selbst. Eigentlich sollte das Bike einen kompletten Martini-Look bekommen, aber weil die weiße Grundierung so gut aussieht, darf sie direkt bleiben und wird lediglich mit ein paar rot-schwarzen Elementen und Tankaufklebern versehen. Ziemlich scharf, die FXR aus Lampertheim.

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.