Der Wunsch war ein Lowbudget-Bike, die Realität zauberte einen himmelblauen Starrrahmen-Bobber aus Markus’ Harley-Davidson Evo Softail.

Ein Higucker ist seine Harley geworden, darauf ist Markus stolz. »Wenn ich unterwegs bin oder auch auf einer Bikeshow, da sammeln sich immer viele Leute um mein Bike, das freut dann doch«, erzählt der Mittfünfziger aus Willich. Das wird zum einen daran liegen, das sein Bobber einfach ein sehr sauberes Stück Motorrad ist.

Harley-Davidson Evo Softail – Himmelblau statt Schwarz

Zum anderen fällt die Softail durchaus auch durch ihre Farbe aus dem gewohnten Rahmen eines deutschen Durchschnitt-Customs. Himmelblau strahlt sie statt Chrom und Schwarz, und das ist nicht einmal der Tatsache geschuldet, dass ihr Erbauer im echten Leben als Maler und Lackierer seine Brötchen verdient. »Ich mag einfach keine schwarzen Motorräder. Denn wenn ich schon was komplett indiduelles fahren will, dann doch bitte auch in der Farbe individuell.« 

Das Wort »Hooker« dürft ihr euch selbst ins Deutsche übersetzen, wir sagen sowas nicht. Die Schrift wurde in Eigenleistung vergoldet

Und so beginnen wir dieses Porträt mit etwas, was gewöhnlich am Ende eines Umbaus steht: Der Lackierung. Die hatte ein Freund für Markus übernommen, die Beschriftungen hat er selbst vergoldet und auch die Erinnerung an einen verstorbenen Freund, die auf dem Öltank prangt, stammt von Markus selbst. Bevor er die entwerfen konnte, hatte er ein Jahr Umbauzeit in den Knochen und das Ziel knapp vor Augen.

Das mit dem Low Budget ist nichts geworden

Als Markus seine Softail 2015 von einem Importeur aus den USA kauft, hat er eigentlich einen Lowbudget-Umbau im Sinn. Ausprobiert hatte er sich schon vorher an diversen Japancruisern wie Honda Shadow oder Yamaha Wildstar, auch die obligatorische Karriere als Mofaschrauber steht im Lebenslauf. Vorab, das mit dem Low Budget ist nichts geworden.

Trittbretter passen nicht nur stilistisch prima zum Bike, sie sind auch einfach schön bequem

Nach dem Strippen der Evo ist nämlich klar, ein neuer Rahmen wäre ganz cool. Der ist starr und kommt von Zodiac aus Holland. Als Austauschrahmen wird er im Brief geführt. Auch der Twin-Cam-Motor erfährt eine ordentliche Aufwertung, glänzt mit neuer Nocke, S&S-Vergaser, Ölsystem aus selbem Haus und Single-Fire-Zündung.

Harley-Davidson Evo Softail – Hier glänzt nichts

Das Wort »glänzen« ist dabei im übertragenen Sinn zu sehen, denn am Bike selbst glänzt nichts. »Ich mag keinen Chrom«, sagt Markus. In seinem Freund Karsten findet er einen, der ihn beim Aufbau des Bikes maßgeblich unterstützt. Karsten ist Schlosser und setzt einen Wunsch von Markus in Perfektion um.

Das schlichte Rücklicht sitzt seitlich an der Fenderstrebe

Alle Chromteile werden durch neu designte aus Messing ersetzt, was den Look des Bobbers extrem beeinflusst. Nur die modifizierte Supertrapp-Anlage blinkt noch verdächtig, »wird aber noch geändert, da kommen neue Töpfe drauf«, grinst der Schrauber (wobei die Krümmer schon auch eine Schönheitskur nötig hätten). Außerdem entscheidet sich Markus für den Einbau von Scheibenrädern, momentan durchaus beliebt in der Umbauszene.

Harley-Davidson Evo Softail – Länger gewartet als geschraubt

Einen Großteil der zwölf Umbaumonate verbringt unser Bobber-Liebhaber mit Warten. Bis alle Teile wie Trittbretter, gewünschte Springergabel, Armaturen und der LSL-Flyerbar zusammen sind, dauert es einfach. Diese Warte- und Besorgungszeiten kennt jeder Schrauber, nehmen sie doch am Ende meist wesentlich mehr Zeit in Anspruch als das eigentliche Schrauben.

Auf dem Öltank prangt die Erinnerung an einen verstorbenen Freund

Immerhin, in der Zeit hat man genügend Muse für jede Menge Kleinkram und den Bau einer lässigen, wenn auch unvernünftigen Sitzplatte. Da Markus nämlich durchaus Kilometer machen will, wird schnell nach dem Umbau klar, dass hier was Neues her muss.

»Ich wüsste nicht, was ich anders machen würde«

Aber davon abgesehen würde der Willicher nichts ändern. »Auch wenn ich ganz viel drüber nachdenke, ich wüsste nicht, was ich anders machen würde, wenn ich heute nochmal am Anfang stünde.«

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.