Ducati Monster: ein Motor, ein Rahmen, zwei Räder. So hat auch Heiko als Kind Motorräder gemalt. Bolognas seltsamen Hüftknick in der Tank-Sitzbanklinie aber, den hätte er sicher weggelassen. Auch am realen Objekt soll er endlich verschwinden.

Der Mann hat ein Faible für rassige Italienerinnen. Ein Wunder, dass seine Holde ihn gewähren lässt, zumal sie mit den Damen stets um Heikos knappe Zeit konkurrieren muss. Sein Werkstattschuppen neben dem Haus beherbergt nämlich nicht nur den bildschönen Zweiventilracer, der hier vor uns steht. Auch eine betagte Pantah im Racing-Trimm und die Vierventilschwester der Monster S2R, eine S4R, nennt Heiko sein Eigen. Und dann sind da noch die beiden schlanken 50-ccm-Grazien von MV Agusta und Benelli – Markennamen wie Donnerhall.

Der Gitterrohrrahmen setzt recht enge Grenzen

Eine Monster im eigenen Stile zu kreieren, ist nicht einfach. Der Gitterrohrrahmen setzt da recht enge Grenzen. Und dieser Hüftknick hatte den gebürtigen Hanseaten immer schon abgetörnt. So reift der Entschluss zum harten Schnitt. 

Rassig ist sie, die Fahrt auf der schönen Italienerin. Eigentlich für die Rennstrecke­ gebaut, hängt der Desmotwin auch auf der Landstraße zornig am Gas. Das Drumherum macht die Monster dazu zum optischen Genuss für Freunde nostalgischer Sportbikes

Als fallende Temperaturen und windgepeitschter Regen den Herbst ankündigen, rückt er der S2R mit seinen Umgestaltungsabsichten und dem dicken Werkzeugkasten zu Leibe. »Ducati Monster S2R 1000 goes Classic« überschreibt er sein Projekt, denn ihm als aktivem Mitglied des Cafe Racer Forums ist die Stoßrichtung glasklar: Ein italienisches Eisen nach altenglischen Tugenden will er dengeln.

Ducati Monster – Handgedengelter Alutank im Kreuz

Cafe Racing beruht auf Reduktion und so fliegen die Brocken vom Rahmen der Duc wie die Blätter im Herbstwald. Am Glemseck hat Heiko den Andi von Motobene aus der Schweiz kennengelernt. Dessen Monster trägt einen handgedengelten Alutank im Kreuz, der den anstößigen Knick einfach überspannt wie eine Brücke das Tal der Tränen.

Unterm Tank schlummern original Airbox und Benzinpumpe hinterm typischen Gitterrohrrahmen, die halbe Miete für die spätere Zulassung

Üppige siebzehn Liter schluckt das Fass im Norton-Manx-Stil und verbirgt en passant die originale Airbox samt Benzin-pumpe – in Sachen TÜV schon mal die halbe Miete. Dazu gibt es eine passende Aluschale übers gekürzte Rahmenheck, ausstaffiert mit feinstem Leder vom Haus- und Hofsattler. Ans Frontend schellt er LSL-Stummel unter die neue obere Gabelbrücke. Die Angriffsformation steht. Doch die haarsträubende Feinarbeit kommt erst noch.

Das Verschlanken des Kabelbaums ist nicht gerade ein Traumjob

Mit der Elektrik steht unser Freund auf Kriegsfuß und so ist deren Verlegung und das parallele Verschlanken des Kabelbaums nicht gerade ein Traumjob. Das originale Ducati-Instrument mit der integrierten Elektronik soll einem ins Alu des Tanks eingelassenen Tiny von Motogadget weichen.

Der Rahmen setzt von Haus aus enge Grenzen beim Umbau der Monster. Da bleibt nur der radikale Schnitt

In rund 40 Stunden Mühe wickelt er mit Unterstützung aus dem Forum schließlich ein komplett neues Nervensystem aus Isolierdraht, Batterie und diverse Elektronik-bauteile wandern ins Heck. Dessen Linie wird jetzt von einem Fresco-Schalldämpfer unterstrichen, für den Freund Andi mit der Hand am Arm einen Zwei-in-Eins-Krümmer schweißt – Handarbeit, die sich sehen lassen kann. Doch auf die Straße und die Strecke geht es noch lange nicht.

Ducati Monster – Zylinder um 180 Grad verdreht

Jetzt rächt sich nämlich, dass Heiko nicht selbst Hand am Desmodromik-Twin angelegt hat. Einem Duc-Händler hat er den Job überlassen – und der ganz offensichtlich seinem Praktikanten. Um 180 Grad verdreht sitzt der liegende Zylinder auf dem Motorgehäuse, was das Aggregat beim ersten Startversuch erst mit beschissenem Lauf, kurz drauf dann mit einem Ventilabriss quittiert.

Doppelzündung, K&N-Filter, Schaltautomat – im zweiten Anlauf klappt die Sache mit dem Motor, der Duc-Händler hatte beim ersten Anlauf fett ins Klo gegriffen

Mega-Gau, Kolben und Zylinderkopf sind auch hin. Der Händler bereut auf dem Fuße und legt sich so ins Zeug, dass Heiko schließlich doch schnell im schweren Lederornat gen Monster gallopiert – in freudiger Erwartung auf den ersten Le-Mans-Start der Saison. 

Dem Twin werden 1000 Gramm Schwungmasse abgeschält

Doch der Asphalt der eigentlich anvisierten Sprintrennen muss virenbedingt geduldig bleiben. Und so geht es stante pede wieder ans Werk, um das Letzte rauszuholen. Kineo-Speichenräder, Tellert-Schaltautomat mit umgedrehtem Schaltschema, Federbein aus der S4R und eine Fahrwerksabstimmung von GL-Suspension. Dazu werden dem Twin 1000 Gramm Schwungmasse abgeschält und ein neues Mapping verpasst, macht 90 PS bei 180 Kilogramm vollgetankt.

Ducati-Brücken, Showa-Gabel, LSL-Stummel – das ideale Cockpit für Genussmenschen

Das wahre Happy End zeigt sich am Ende eh nicht an der Ziellinie, sondern beim TÜV: alles eingetragen, Plakette, raus auf die Landstraße! Und genau da lässt uns Heiko seinen Mustang dann reiten: Trocken pröttelnder Desmotwin mit rasselnder Trocken-kupplung, Tiefflieger-Angriffsposition, schlankes Gewicht und ein ehrlich straff und doch hochsensibel agierendes Fahwerk, das Druck liebt und ihn mit absoluter Linientreue quittiert. Schlichtweg ein Traum, mehr gibt es da nicht zu sagen. Good job, Heiko!

 

 

Guido Kupper
Redakteur bei CUSTOMBIKE

Guido Kupper, fährt praktisch seit seiner Geburt in grauer Vorzeit Motorrad, hat mit dem Schreiben aber erst angefangen, als er schon sprechen konnte. Motorisierte Zweiräder hat er nur acht Stück zur Zeit, Keller und Garagen sind trotzdem voll. Sein letztes Ziel im Leben: Motorrad fahren und mal nicht drüber schreiben