Erster Denkansatz: Ein knallharter Racer! Endergebnis: Warum nicht mal anders? Privatschrauber Ulf Musekamp baute einen Cruiser auf Basis der BMW R 1200 C, der eine Steilvorlage für die R 18 hätte sein können.

Ulf und seine BMW K 75, was für ein brutales Team, das damals unseren privaten Schrauberwettbewerb »Build da Fukker« bereicherte. Innerhalb von fünf Monaten baute Ulf seinerzeit ein Starrrahmen-Dragbike auf Basis der Dreizylinder-BMW K 75 komplett neu auf und gestand schon da, »ich glaube, ich brauche den Druck beim Bauen.« Denn dass die Projekte, die sich der Bayer noch so vorgenommmen hat, eigentlich für mehr als ein Leben reichen, das gibt er selbst zu.

Von wegen für die Galerie, Ulfs BMW-Chopper fährt sich hervorragend

Zumal da noch ein Job, eine Frau und drei Kinder sind, die Aufmerksamkeit verlangen. So muss auch sein aktuelles Bike in nur fünf Monaten entstehen, abzüglich der zwei Wochen Familienurlaub, die schon gebucht waren. Eine einmalige Chance für Ulf.

Gebaut für eine exklusive Ausstellung

Roland Stocker, seines Zeichens geistiger Vater der BMW R nineT, spielt Ulf Anfang des Jahres eine Ausschreibung zu. Für seine exklusive Ausstellung »Passion Built – from Garage to Gallery«, die im Rahmen der Sturgis Rally im August stattfinden soll, sucht der US-Szene-Fotograf Michael Lichter Umbauten der Privatschrauber.

Der amerikanische Fotograf Michael Lichter suchte für eine Ausstellung im Rahmen der Sturgis Rally noch Umbauten

»Das passte zu mir, wie die Faust aufs Auge«, sagt Ulf, »da wusste ich, was ich zu tun hatte.« Wie gesagt, diverse Projekte hat er sowieso im Kopf, eines davon musste nun in die USA. Die eigene Zielsetzung dabei lautete: Volle Kanne Sprinter! Daraus wurde allerdings am Ende nichts.

Besonderes Merkmal: Duo-Lever-Gabel

Die massive Duolever-Gabel ist beim Umbau gesetzt. Schon in seinem Fukker hatte Ulf auf das Prinzip aus dem Hause BMW gesetzt. Und auch die Slicks stehen schon bereit, sowie ein paar Carbonteile. Den Rahmen würde der Bayer wieder selbst bauen, »und weil es hier tatsächlich um ein Showbike ging, konnte ich da machen, was ich wollte und worauf ich Bock hatte.«

Extrem luftig dient der Motor beim »Maximator«-Umbau als tragendes Rahmenelement

Mehrere Lenker probiert Ulf an der Gabel aus, zünden will irgendwie keiner so recht. Und dann ist da dieser Apehanger, er gibt den Ausschlag »einfach mal anders zu denken«, wie Ulf sagt. Dass er ihn mit Stummeln kombiniert und eine hintere Fußrastenaufnahme am starren Rahmen vorgesehen ist, geschenkt. Da kann der Sprinter im Schrauber nicht aus seiner Haut.

Feine Parts für den 1200er Boxer

Auch beim Neuaufbau des Motors aus einer 2000er R 1200 S wird die heimliche Leidenschaft gepflegt. Ulf verpasst dem Boxer vorsichtshalber mal eine Race-Kupplung. Dazu kommen offene Alutrichter, Dell’Ortos, eine neue Zündung und mehr. Der Serienkrümmer wird mit Endrohren von Hattech gekrönt.

Schmale Silhouette mit ausladenden Zylindern

Nur eines mag Ulf nicht, die Abdeckung der Elektrik will bis heute nicht gefallen, »aber ich hatte halt diesen Zeitdruck und da kamen schon fertige Teile gerade recht«, entschuldigt er sich. Er wird das unschöne Detail noch durch eine Abdeckung aus Metall ersetzen, da ist er sicher. Zumal Ulf mit anderen Dingen zu kämpfen hat.

Probleme mit der Schaltmechanik der BMW R 1200 C

»Die Schaltmechanik hat mich echt gefickt«, flucht er noch heute. Eigentlich will er die Schaltung über die Hohlachse legen, damit im Heck auch wirklich alles frei ist, der Blick auf die starre Einarmschwinge ungetrübt. Doch Zugeständnisse an die Technik gehören dazu. Und dass die Position der Fußrasten bei einem Boxer sowieso ein Problem ist, will man noch vernünftig schalten, ist beim breiten Motor klar.

Single-Riser für die Aufnahme des Apehangers

»Vielleicht doch nach hinten«, denkt Ulf laut. Und dann die Sache mit dem Tank. Das Spritgefäß drückt Ulf vor der Lackierung in der heimischen Badewanne ab, der DKW-Tank offenbart Undichtigkeiten gleich an zwei Stellen, Ulf muss nacharbeiten. »Ich kann nur jedem immer wieder empfehlen, den Tank vorm Lacken genau zu prüfen«, resümiert er.

Die Lackierung übernimmt Chiko

Die spätere Lackierung mit dem Logo der Show, für die die BMW gebaut wird, übernimmt Chiko aus Pforzheim, der Kontakt zum Lacker kommt über unseren Fotografen Ben zustande, der seinerzeit schon Ulfs Fukkerumbau begleitet hatte. »Überhaupt waren Freunde und Helfer mal wieder extrem wichtig«, ist Ulf dankbar.

Durch den hohen Lenker ergibt sich tatsächlich eine angenehme Sitzposition. »Wobei die Kiste auch wirklich schnell auf Racer umgerüstet werden könnte …«, manche Gedanken verschwinden nicht einfach so aus dem Kopf des Schraubers

»Ohne die vielen Kumpel, die mir geholfen haben, Teile zu produzieren, wäre das nicht gegangen«, sagt der Schrauber, der am Ende auch noch Hilfe von BMW selbst bekommt. Denn normalerweise hätte sein Bike bereits Wochen vor der Show in die USA verschifft werden müssen, zeitlich und finanziell kaum zu schaffen für einen Privatmann wie Ulf.

Mit dem Flieger geht die R 1200 C in die Staaten

Aber BMW selbst übernimmt schließlich die Kosten, den »Maximator« getauften Boxer per Flugzeug in die USA zu bringen. Zeitvorteil für Ulf und Prestige für die Motorenwerke aus München.

Die brachiale, hochglanzverdichtete Duolever-Gabel ist das elementare Teil bei Ulfs Umbau. Das Wilbers-Federbein ein zusätzlicher Eyecatcher im Frontend

Denn tatsächlich hat Ulf es geschafft, dem teilweise doch etwas ausgelutschten Thema Custom-BMWs ein paar neue Aspekte abzugewinnen. »Und wenn BMW wieder einen Cruiser bauen würde, dann würde ich mir den schon genauso vorstellen.« Tja, mittlerweile baut BMW wieder einen Cruiser. Aber der sieht sehr anders aus …

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.