So viel Anarchie hätten wir einer sauberen deutschen Teileschmiede gar nicht zugetraut. Aber klar, irgendeiner tanzt immer aus der Reihe – in diesem Fall der Detlev mit seiner bösen BMW R 80 RT.

Detlev Achterberg arbeitet bei der ABM-Fahrzeugtechnik GmbH in Breisach, anerkannter Motorradteilespezialist und Verfechter von sauberer Produktion made in Germany. Regelmäßig bringt das Unternehmen auch eigene Custombikes hervor, clean und edel, denn das entspricht der Firmenphilosophie. Und dann greift sich doch der Detlev eine Boxer-RT, baut um und bläst zum Angriff.

BMW R 80 RT – Der raue Charme eines deutschen Mad Max

Als die Karre in unseren Redaktionshof rollt, sind wir aus dem Stand schockverliebt und räumen hastig ein paar Seiten im Heft frei – sowas dürfen wir doch niemandem vorenthalten. Doch warum fasziniert das grobe Dingens eigentlich so? Kann es sein, dass es wirklich nur der raue Charme eines deutschen Mad Max ist oder steckt da mehr dahinter?

Akustisch eine brüllende Macht, fahrwerkstechnisch eine saubere Sache, optisch eine Granate

Nun, den einen Grund für unsere Begeisterung könnt ihr leider nicht hören. Es ist die unfassbar grölige Auspuffanlage von G-Parts, die am Boxer verbaut ist. Von Fern schon dröhnt sie uns entgegen, das Bike ist da noch nicht mal in Sichtweite. Und sowas freut uns wie die kleinen Kinder, da sind wir ehrlich. Das Zweite, was es uns angetan hat, ist die Verkleidung.

Die Verkleidung ist die gecleante Originalware

Sieht ein bisschen aus wie aus der Tonne gezogen, ist aber in der Tat die gecleante Originalware der 80er-Jahre-BMW. Gerade weil derzeit die meisten Schrauber ihre Boxer so sauber und luftig wie möglich umbauen, gefällt uns der rotzige Gegenentwurf kolossal. Schön auch, dass die Verkleidung sich so weit um den Tank spannt, dass rechts und links neben dem Spritgefäß noch genug Platz ist – in unserem Fall für das kleine Reisegepäck und die Armaturen.

Der geplante Höcker wurde zugunsten einer Einmann-Sitzbank fallen gelassen

Ein Motorrad mit Geheimfächern, wie lässig. Trotzdem solltet ihr euch nicht zu sehr vom äußeren Erscheinungsbild der punkigen Karre blenden lassen, denn Detlev legte auch Wert auf eine saubere Performance und ein perfekt abgestimmtes Fahrwerk. Dass der Motor mittels Siebenrock-Kit schon bei Kauf auf tausend Kubik hochgepimpt war, verstärkte Detlevs Entscheidung für den Bajuwaren nur. Passend zum Leistungsplus verpasste er der RT außerdem feinste Wilbers-Federn und hauseigene, gefräste Vierkolben-Bremssättel samt Radialhandpumpe an 300er-Scheiben.

BMW R 80 RT – Dieser Haufen hat bleibenden Eindruck hinterlassen

Im nächsten Schritt will Detlev der Gabel noch eine Aufwertung verpassen, die ist nämlich bei unserem Fototermin noch original. Letztlich wurscht, was Detlev aus seiner RT noch rausholen wird, den Optiktest hat er mehr als bestanden. In einer Zeit, in der uns die zahllosen blitzsauberen BMW-Umbauten manchmal fast ein bisschen langweilen, hat dieser Haufen bleibenden Eindruck hinterlassen. Denn wer spielt am Ende nicht doch am liebsten mit den Schmuddelkindern?

Info |  ab-m.de

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.