Alle Jahre wieder: Wir treffen Custom-Guru Fred Kodlin auf der Daytona Bike Week. Doch Überraschung, dieses Jahr hatte er kein US-Eisen im Gepäck, sondern eine BMW R 18. Wie der Altmeister das bayrischen Big-Boxer-Bike in Szene gesetzt hat, war ganz nach dem Geschmack des amerikanischen Publikums.

Seit mehr als 40 Jahren widmet Fred Kodlin sich dem Customizing von Motorrädern und hat dabei schon unzählige Kracher rausgehauen, viele davon ein technischer Wahnsinn. Man denke an die »Shine« mit naben- und speichenlosen Rädern. Allerdings war auch so manches Gerät mit kaum mehrheitskompatiblem Design dabei. Seit den 1990er-Jahren ist er mit seinen Custombikes erfolgreich und konnte auf der Daytona Bike Week regelmäßig die wichtigsten Wettbewerbe gewinnen. Nicht umsonst wurde er als erster Nicht-US-Bürger in die Sturgis Hall of Fame aufgenommen.

Erstmals hat sich Fred Kodlin zusammen mit seinem Sohn Len ans Customizing einer BMW gemacht – der BMW R 18 B

Erstmals hat sich Fred Kodlin nun zusammen mit seinem Sohn Len ans Customizing einer BMW gemacht – der BMW R 18 B. B wie Bagger. 
»Die Heavy Duty war ein echtes Vater-Sohn-Projekt«, freut sich der Chef von Kodlin Bikes aus Borken. Die größte Herausforderung beim Customizing des diesjährigen Publikumsmagneten auf der Daytona Bike Week war dabei zweifellos der Rahmen.

BMW R 18 mit stark geändertem Rahmen

»Wir haben die oberen Rohre komplett neu gefertigt, um die Flyline und somit die Sitzhöhe der R 18 B abzusenken. Auch den Lenkkopf und die Gabelbrücken haben wir neu gemacht, damit der Nachlauf trotz des geänderten Lenkwinkels passt und sich das Bike entsprechend gut fährt«, erklärt Kodlin. Heraus kam mit der »R 18 B Heavy Duty« schließlich ein Bike in typischer Kodlin-Linie.

Lenker, Tank, Fender, Koffer, die Auspuffanlage und vieles mehr wurden eigens für die Heavy Duty angefertigt

Von der Seite betrachtet fällt die Fly-Line des gechoppten Windschilds aus dem BMW-Zubehörprogramm nach hinten stark ab. Und läuft schließlich harmonisch in den von Kodlin selbst aus glasfaserverstärktem Kunststoff gefertigten Seitenkoffern und dem tiefen Heck aus. In der Draufsicht überrascht die die R 18 hingegen durch eine starke Taillierung im Sitzbereich und einem fließenden Anschluss zu den Seitenkoffern.

Luftfahrwerk und umfassende Karosseriemodifikationen

Den technischen Clou bildet fahrwerksseitig schließlich ein Luftfahrwerk vorne und hinten. Es wird von einem hinter dem linken Seitenkoffer kaum sichtbar platzierten Kompressor abgesenkt oder angehoben. Zum Parken senkt man das Fahrwerk ab, setzt es auf versteckte Auflagepunkte und lässt das Bikes so wartend nur wenige Zentimeter über dem Asphalt kauern.

In die Seitenkoffer eingepasst sind Lautsprecher von Marshall samt Verstärker

Nicht weniger tief in die Materie stieg das Kodlin-Team gut drei Monate lang auch ins Thema Karosseriebau ein. Es entstand ein komplett neuer Blechtank – länger als das Original, fließend in der Form und mit seitlichen Einbuchtungen versehen. Dafür wurde auch der Anschluss von Tank und Heckrahmen modifiziert. Von der R 18 B übernommen wurde hingegen das originale Ladefach fürs Mobiltelefon. Ebenfalls aus Blech entstanden ein Bugspoiler mit 3-farbiger Unterflurbeleuchtung – ein auch in Daytona stark verbreitetes Feature – sowie ein Vorderradkotflügel, der sich dicht um das 21-Zoll-Vorderrad schmiegt.

Der Heckfender entstand aus zwei R 18-Kotflügeln

Aus zwei zusammengefügten R 18 B Hinterradkotflügeln schuf Kodlin schließlich ein entsprechendes Pendant fürs Hinterrad, bei dem Rück- und Blinkleuchten auf sehr dezente Weise integriert sind. Eine komplette Eigenanfertigung stellen wiederum die beiden Seitendeckel aus Blech dar, die einen fließenden Übergang hin zu den Seitenkoffern garantieren. A propos Seitenkoffer: Darin eingepasst sind Lautsprecher von Marshall samt Verstärker. Kodlins Liebe zu Details zeigt sich dabei auch an den aus Aluminium gefrästen Scharnierblenden der Koffer im Stil der originalen Bauteile.

Die Farbverläufe wurden komplett per Airbrush mit transluzentem Lack ausgeführt. Als Inspiration diente dabei das Anmischen von Farbpigmenten im Lack und damit die Art und Weise, wie sich unterschiedliche Pigmente im milchigen Basislack beim ersten Umrühren in Form von Schlieren vermischen

Ein weiteres Design-Element sind die sogenannten Winglets oberhalb der Zylinder. Auch sie sind aus Metall gefertigt, erfüllen jedoch keine Funktion im eigentlichen Sinne. Oder dienen sie am Ende dazu, die Fersen darauf abzulegen um endlich das Easy-Rider-Feeling zu erlangen, dass die dicken Boxer-Duddeln normalerweise verhindern? Wie auch immer: Den formalen Abschluss der Umbau-Arbeiten bilden schließlich eine von Kodlin angefertigte Sitzbank sowie eine Instrumentenhaube mit Bezügen aus Alcantara und Kunstleder. Hinzu kommen ein eigens angefertigter Lenker und eine selbst kreierte Auspuffanlage.

Showbike-Lackierung mit transluzentem Lack

Marcel Sinnwell hat in der Vergangenheit bereits andere Kodlin-Showbikes lackiert, greift aber nur noch selten und nur für sehr spezielle Aufträge zur Lackierpistole. Etwa wenn er Yachten oder eben Bikes wie die Heavy Duty lackiert. Bei diesem Projekt wurden die Farbverläufe komplett per Airbrush mit transluzentem Lack ausgeführt. Als Inspiration diente dabei das Anmischen von Farbpigmenten im Lack und damit die Art und Weise, wie sich unterschiedliche Pigmente im milchigen Basislack beim ersten Umrühren in Form von Schlieren vermischen. Das Ergebnis passt hervorragend zur Daytona Bike Week, auf der aufwändige und farbenfrohe Lackierungen zum guten Ton gehören.

Die größte Herausforderung beim Customizing des diesjährigen Publikumsmagneten auf der Daytona Bike Week in Florida war der Rahmen. »Wir haben die oberen Rohre komplett neu gefertigt, um die Flyline und somit die Sitzhöhe der R 18 B abzusenken. Auch den Lenkkopf und die Gabelbrücken haben wir neu gemacht, damit der Nachlauf trotz des geänderten Lenkwinkels passt und sich das Bike entsprechend gut fährt«, erklärt Fred Kodlin

Zusätzliche Akzente setzen bei der R 18 handlinierte Pinstripes sowie ein Airbrush-Muster am Hinterradkotflügel, das Kodlin und »100 Jahre BMW Motorrad« verbindet. Bei Bremssätteln, Schalt- und Fußbremshebel und Fußrasten handelt es sich indes um BMW Motorrad Serienbauteile, die farblich angepasst wurden.

BMW R 18 B – Durchdachte Customizing-Basis

Doch legte Fred Kodlin beileibe nicht an alle Baugruppen und Teile Hand an. Für ihn eine besonders positive Überraschung: »Die Schrauben. Die sind alle aus Edelstahl, mit schönem Torx-Kopf. Das kennen wir sonst von anderen Bikes nicht so. Überhaupt sind das Basis-Bike und vor allem der Motor sehr, sehr clean verarbeitet. Alle elektrischen Leitungen sind bereits schön versteckt, da mussten wir am Motor gar nichts mehr machen«, erklärt er.

Von der Seite betrachtet fällt die Fly-Line vom gechoppten Windschild aus dem Original BMW Motorrad Zubehör Programm nach hinten stark ab und läuft schließlich harmonisch in den von Kodlin selbst aus glasfaserverstärktem Kunststoff gefertigten Seitenkoffern und dem tiefen Heck aus

Aus diesem Grunde wurden zahlreiche R 18 B Komponenten ganz bewusst nicht ersetzt, sondern höchstens modifiziert. Etwa die gekürzten Handhebel und Lenkerendgewichte. Ebenso blieb der Motor technisch komplett auf Serienstand. Lediglich Zylinderkopfhauben, Riemenabdeckung und Ansaugschnorchel wurden in Schwarz metallic lackiert. Unverändert übernommen wurden jedoch die Geschwindigkeitsregelung mit Abstandsregelung, der Rückwärtsgang und das eCall – absolute Alleinstellungsmerkmale der BMW R 18 B in der Cruiser-Welt, in der diese Funktionen ansonsten von keinem Hersteller angeboten werden. Sachen gibt’s …

Info | bmw-motorrad.de

Carsten Heil, hat die typische Zweiradkarriere der 80er-Jahre-Jugend durchgemacht: Kreidler Flory (5,3 PS), 80er-Yamaha DT und mit achtzehn dann die erste 250er Honda. Nach unzähligen Japanern über Moto Guzzi ist er dann schließlich bei Rohrrahmen-Buell gelandet. Seit 1992 mit Fotoapparat und Schreibgerät in Sachen Kradkultur unterwegs.