Die BMW K 100 ist handwerklich eine Herausforderung. Proportionen und Linien bilden nicht die allerbeste Basis. Doch mit Mut und den richtigen Ideen kann man den »Ziegelstein« in einen feinen Cafe Racer verwandeln.

Als BMW mit seinem ersten Reihenvierzylinder Anfang der Achtzigerjahre nicht weniger als vierzig Prozent des von japanischen Motorrädern dominierten, heimischen Marktes erobern wollte, dachten die Entwickler sicher nicht in Kategorien à la Cafe Racer. Stattdessen sollten die K-Modelle Kilometerfresser werden und das Motorrad für tourenbegeistertete Fahrer der Begleiter schlechthin sein. 

BMW K 100 – Meist viele zehntausend Kilometer auf der Uhr

Und genau deshalb haben heute die meisten gebrauchten K-Modelle viele zehntausend Kilometer auf der Uhr. Für Kai Hamacher ein wichtiges Kriterium für sein künftiges Projekt. Eigentlich wollte der Konstrukteur und Entwickler, der in der Automotive-Branche tätig ist, eine Yamaha XJR 1300.

Der Luftfilterkasten ist entfernt, die Einspritzanlage samt Drosselklappen um 45 Grad geneigt. Statt Luftfilter kommen offene Trichter zum Einsatz

Doch über Umwege landet er schließlich bei BMWs ironisch als »Ziegelstein« tituliertem Kultbike. »Ich wollte einen Reihenvierzylinder für mein Cafe-Racer-Projekt. Also einen großen Motor mit relativ wenig Motorrad drum herum.

Die XJR-Besichtigung verlief enttäuschend

Zwar hatte ich eine XJR gefunden, doch die Besichtigung verlief enttäuschend. Auf dem Rückweg bin am Glemseck gelandet und habe dort eine umgebaute »K 100« gesehen. Das war letztlich der Auslöser und ich habe mir gedacht, dass man da auch etwas Hübsches draus machen kann.«

Auch die Serieninstrumente sind weiter Im Einsatz, werden aber durch ein Motogadget-Instrument ergänzt, das in der oberen Gabelbrücke sitzt

In Norddeutschland wird er fündig, ersteht sogar ein Vierventiler-Modell, das lediglich 21000 Kilometer runter hat und sich in einem guten Zustand befindet. »Sie war wirklich gepflegt und fast schon zu gut, um sie auseinanderzureißen«, so Kai rückblickend.

BMW K 100 – Cafe Racer im Kopf

Doch zu diesem Zeitpunkt ist sein Cafe Racer schon zu weit in seinem Kopf fortgeschritten. »Ich bin das Gesamtkonzept vorher in Gedanken durchgegangen. Als die BMW dann endlich hier war, habe ich gleich Skizzen und Zeichnungen für die verschiedenen Änderungen und Teile angefertigt.

Gestern trifft heute: Kai verwendet die Serienarmaturen an einem modernen, verstellbaren Stummellenker

So konnte ich im Vorfeld schon grob einschätzen, was geht und was vielleicht Schwierigkeiten bereiten könnte.« Klar ist auf jeden Fall, dass die K 100 von unnötigem Ballast befreit und auf jeden Fall der Heckrahmen geändert werden muss.

BMW K 100 – Neuer Höcker aus altem Tank

Ab Werk hat er nämlich eine leicht nach hinten abfallende Linie und sieht alles andere als sportlich aus – ein No-Go für einen Cafe Racer. Kai ändert in Absprache mit dem TÜV den Heckrahmen und konstruiert aus dem Tank einer anderen K 100 einen neuen Höcker.

Eine Besonderheit bei Kais Umbau ist das verstellbare Heck. Dank einer unsichtbaren Konstruktion kann der Höcker soweit nach hinten geschoben werden, dass auch noch Platz für die Tochter bleibt

Da aber auch die Tochter hin und wieder gerne mitfährt, lässt er sich etwas Besonderes einfallen: Der Höcker lässt sich nun verschieben, so dass für die kleine Runde nun auch die Sozia Platz findet.

An der ursprünglichen Tanköffnung sitzt nun der Scheinwerfer

Ebenfalls aus einem K-100-Tank baut er sich eine Lampenmaske. An der ursprünglichen Tanköffnung sitzt nun der Scheinwerfer. Überhaupt ist die Konstruktion von Teilen etwas, was sein Projekt auszeichnet.

Vorderradorientierte Sitzposition, Stummellenker, knackiges Heck und von allem Ballast befreit – so geht Cafe Racer

»Zugekauft habe ich wirklich sehr wenig. Das waren die Fußrastenanlage, der Stummellenker, der Stoßdämpfer und ein paar andere Kleinigkeiten.« Der mehrfach verstellbare Kennzeichenträger dagegen stammt aus seiner Feder. Unter dem Namen Hatec Cycleparts baut und vertreibt er nebenberuflich seine Produkte. 

BMW K 100 mit vier offenen Trichtern

Beim Motor muss er kaum Hand anlegen. Lediglich der voluminöse Luftfilterkasten fällt der Entschlackung zum Opfer. Die Einspritzanlage mit ihrem Drosselklappenkörper kippt Kai aus optischen Gründen um fünfundvierzig Grad und versieht sie lediglich mit vier offenen Trichtern.

1983 kam BMW mit seinem ersten Vierzylindermotorrad auf den Markt und nannte es schlicht und ergreifend »K«

»Normal steht sie ja vertikal und die Trichter zeigen nach oben, doch das hat mir nicht gefallen. Klar, ganz offen wird es nicht gehen, der TÜV wird wohl noch Flammgitter oder Netze für die Öffnungen verlangen.« 

BMW K 100 – GS-Topf als Unterflur-Auspuff

Auch beim Auspuff legt er selbst Hand an, da es auf dem Zubehörmarkt nur wenig Auswahl gibt. »Als Basis habe ich den Topf einer R 1150 GS genommen und ihn entsprechend zum Unterflur-Auspuff umgebaut.«

Eine zurückverlegte Fußrastenanlage ist obligatorisch

Kniffelig wird es bei der Elektrik, denn das Modell hat serienmäßig ein Antiblockiersystem an Bord, samt den benötigten hydraulischen Regelelementen. »Da ist schon spaßig, wenn du so einen Kabelbaum zerpflückst und auch noch das ABS rausschmeißt.«

Vom Kopf auf die Straße in knapp zwei Jahren

Doch am Ende wird, wie fast immer, alles gut. Nach rund zwei Jahren Bauzeit ist die K 100 RS 4V, wie sie offiziell heißt, komplett. »Für mich ist es das Ultimative, wenn du ein Ziel, das du ein bis zwei Jahre in deinem Kopf mit rumgetragen hast, dann auch erreichst.

Den in vielen Winkeln und Abständen verstellbaren Kennzeichenträger hat Kai selbst entwickelt

Und zwar genau so, wie du es dir ausgemalt hast und fast alles auch noch mit deinen eigenen Händen erschaffen hast. Das ist für mich der Grund, so etwas zu tun.«

Info | www.hatec-cycleparts.de

 

Christian Heim