Seinen Auspuff mit Thermoband zu umwickeln ist nicht nur oldschool, sondern sieht bei vielen Bikes auch lässig aus. Doch Vorsicht: Wer schlecht wickelt, kann sich dadurch die Optik seiner Karre ordentlich verschandeln. Wir sagen euch, wie man’s richtig macht.
Ha, Auspuff umwickeln, ist ja kein Ding«, werdet ihr im jugendlichen Leichtsinn schreien. »Können wir doch, was will der Alte uns also erzählen?« Okay, ihr Füchse, dann schauen wir mal. Der Grund für diese Story ist nämlich die grauselige Wahrheit, die wir da draußen an den Krümmern sehen. Die Wickelkönige müssen sich natürlich nicht angesprochen fühlen, ihr gebt ja euer Bestes am Fahrzeug. Aber viele andere wissen eben nur, dass umwickelte Rohre cool sind und ein Must-have.
Thermoband am Auspuff – Warum überhaupt?
Aber wisst ihr eigentlich, warum das überhaupt gemacht wird? Nein, nicht, damit verhindert wird, dass der Absatz der Gnädigsten am Rohr verschmurgelt. Und auch nicht, um beim Fahren mit kurzer Hose, Ringelsocken und Holzgewehr die Hipsterstelzen zu schützen.
Das Auspuffwickeln hat im Ursprung nämlich durchaus solide Gründe. Der Einsatz von hitzebeständigen Bändern am Auspuff kommt aus dem Rennsport, vor allem dem Drag Race. Bei Rennmotoren ist es immer wichtig, die Temperaturen im Motor und im Motorraum möglichst in Grenzen zu halten.
Dank Thermoband gibt’s weniger Abstrahlhitze vom Auspuff
Die Thermobänder lassen nicht viel Hitze durch, daher wird viel Verbrennungstemperatur mit dem Abgas nach draußen befördert und die Abstrahlhitze vom Auspuff heizt nicht zusätzlich den Motor von außen und die in der Nähe liegenden empfindlichen Anbauteile wie Zündung, Kabel, Tanks, Aggregate und dergleichen auf.
Natürlich schont das Schutzband auch die Flossen des Mechanikers, wenn ein Griff ins Eingemachte nötig wird. Und letztlich schützt das Thermoband auch die Gesundheit der Piloten, verhindert Verbrennungen und beugt Bränden vor. So viel zur Theorie, jetzt lasst uns wickeln.
Gerade Rohre erfordern breites Band
Thermoband gibt es von verschiedenen Herstellern und wie so oft im Leben ist nicht das billigste automatisch das beste. Die Breite, die verwendet wird, richtet sich nach der Schwierigkeit und den Biegungen eurer Krümmer. Als Faustregel gilt: Gerade Rohre mit wenig Biegungen und Abgängen erfordern breites Band.
Habt ihr stark verwinkelte Rohre mit etlichen Abgängen, dann nehmt schmales Band, damit es keine Falten gibt. Bei Harley empfiehlt sich was im mittleren Bereicht. Achtet außerdem auf eine ausreichende Länge. Besser, ihr habt was übrig als nicht genug.
Die Farbe lässt sich auch nachträglich noch ändern
Auch die Farbe spielt eine Rolle, kann aber später noch mit Thermoband-Sprühfarbe korrigiert werden – ja, sowas gibt es heutzutage. Wir haben uns für unseren Bericht bei Parts Europe Hitzeschutzband von »Cycle Performance« in Zwei-Zoll-Breite und 50-Zoll-Länge in der Farbe Schwarz bestellt. Das kostet bei Parts-Europe-Händlern 80 Euro pro Rolle.
Neben dem Hitzeband braucht ihr noch einen Eimer mit Wasser, einen Schraubstock, ein paar Rohrschellen in der richtigen Größe – die vom Hitzeschild sind ideal – und Wickeldraht. Wer eine Thermoband-Umwicklung richtig durchführen will, sollte sich auf eine größere Schweinerei gefasst machen.
Thermoband am Auspuff immer nass verarbeiten
Erst mal legt ihr die Bandrolle über Nacht in den gefüllten Wassereimer. Durch das Wasser wird das Band geschmeidig, dehnt sich etwas aus, rutscht nicht so sehr auf dem verchromten Rohr und wickelt sich nicht direkt wieder ab, wenn der Zug nachlässt. Es ist nass einfach besser zu verarbeiten.
Später, nach Fertigstellung und Befestigung der Umwicklung, trocknet das Band wieder, zieht sich zusammen und wird bombenfest. Gibt natürlich alles etwas Sauerei mit abgelöster Farbe durch das Wasser. Die Grundreinigung von Werkstatt und Schrauber nach dem Wickeln ist also bitter nötig, aber wie gesagt, das kommt später.
Thermoband am Auspuff – Wie die Schuppen eines Fischs
Wo fangen wir also mit Wickeln an? Oben? Falsch, am Auspuffende wird begonnen, damit die Lagen mit der Fahrtrichtung liegen wie die Schuppen eines Fischs. Wer andersrum beginnt, wird nach kurzer Zeit erleben, wie sich sein Werk verzieht und aufdrödelt – vor allem, wenn der Regen gute Angriffskanten hat, also aufpassen!
Man fängt mit der ersten Wicklung rechtwinklig zum Rohr an, nach der ersten Umrundung zieht ihr das Band schräg raus. Vorher habt ihr eine Rohrschelle in die Nähe gebracht und fixiert damit den Anfang. Diesen Bandanfang darf man natürlich später nicht sehen, ist klar.
Der Auspuff sollte gedreht werden, die Rolle bleibt im Wassereimer
Der Einfachheit halber und um nicht im Thermobandwirrwarr zu verzweifeln, sollte der Auspuff gedreht werden und die Rolle im Wassereimer verbleiben. Gleichmäßiges Umwickeln mit dem richtigen Abstand und genug Zugkraft gibt ein prima Ergebnis. Durch das Wasser ist es auch nicht so schwer, die richtige Kraft aufzubringen.
Wenn ihr bis oben durch seid, schneidet ihr das Band ab – und zwar so, dass noch etwas Band übrig bleibt, um die letzte Wicklung richtig zu fixieren. Die Loser lassen die am Anfang fixierte Rohrschelle dran, wir aber wickeln mit Draht fein säuberlich eine Wicklung exakt neben der anderen, bis uns die Geduld verlässt. Ich gebe zu, das ist schon ein bisschen schwerer, als einen Eimer Bier saufen, aber lohnt sich, versprochen.
Thermoband am Auspuff – Die Drahtlösung ist Chef
Schaut euch die Drahtlösung auf unseren Bilder an, vor allem die unsichtbaren Enden sind doch Chef, oder? Probiert es einfach aus und bewahrt dabei die Ruhe, dann bekommt ihr das auch hin. Und bedenkt bei Twin Cam und Evo, dass die Flansche und Federringe noch beweglich oben montierbar sind. Ein Zentimeter weg vom Flansch sollte reichen.
Es gibt auch noch andere Möglichkeiten der Befestigung, darauf hat mein Sohn Rolf mich gebracht, der Fuchs. Das Thermoband ist gewebt und wenn ihr den Querverlauf aufdrödelt, könnt ihr ganz einfach einen langen Faden rausziehen. Drei bis vier Meter sollten für eine Wicklung reichen und sind nur etwa zwanzig Zentimeter vom Band. Wir haben für diese Methode ein Band in einer leicht anderen Farbe genommen, damit es besser erkennbar ist, und auch länger als nötig gewickelt, um zu zeigen, dass es möglich ist, auch über das Band hinaus einen dezenten Übergang zu schaffen.
Versucht die Sache erst mal an einem Rohr
Hat nun alles denselben Farbton oder ist lackiert, sieht man fast keine Befestigung. Damit könnt ihr euch echt blicken lassen und Spaß macht das auch. Versucht die Sache erst mal an einem Rohr und lernt wie man die Schleife legt und den Faden komplett durch zieht. Ihr schafft das!
Alles fertig, Fahrzeug startklar? Jetzt geht das Qualmen und der Gestank los. Also am besten eine kleine Überlandfahrt ohne viele Ampelstopps anzetteln, sonst werdet ihr noch von eifrigen Rentnern »gelöscht«, weil der Ofen qualmt wie eine Dampflok. Das gibt sich allerdings nach einer Weile und alles ist gut.
Viel Vergnügen ihr Wickelartisten – und verletzt euch nicht!
Klasse erklärt und spaßig geschrieben. Vielen Dank!
Sehr hilfreich und coole Beschreibung…DANKE