Ariel und Norton – zwei englische Klassiker werden von einem Italiener zu einem wunderschönen Bastard kombiniert.
England hat eine gewaltige Motorradhistorie, das ist bekannt. Neben den großen Namen wie Triumph, BSA oder Norton hatte das Königreich auch viele kleine Hersteller zu bieten. Ariel ist eine dieser Firmen, die eher selten im Fokus von Motorradfans und Custombikern stehen. Ab 1902 wurden bei Ariel in Birmingham Motorräder produziert, so lange, bis 1967 die Produktion eingestellt wurde. Ariel zählt damit zu den ältesten Motorradherstellern der Welt, auf Veteranentreffen, gerade in England, werden noch immer fahrtüchtige Ariels gesichtet.
Der Rahmen kommt von Ariel, der Motor stammt von Norton
Als dem Italiener Gianluca Tiepolo, einem der zwei Köpfe hinter der italienischen Customschmiede »Stile Italiano«, ein alter Ariel-Rahmen in die Hände fällt, ist er sofort Feuer und Flamme. »Mir schwirrte direkt ein cleaner Bobber im Kopf rum«, erzählt Gianluca, der bei Stile Italiano für die Designs der Motorräder verantwortlich ist. Mit großem Erfolg übrigens, zahlreiche Showwinner hat die Manufaktur bereits hervorgebracht. Da wollen wir ihn auch nicht darauf hinweisen, dass sein Werk mit dem dünnen Vorderreifen gar kein Bobber ist.

Anders als bei anderen italienischen Firmen punkten die Umbauten aus Roveredo in Piano durch Stilgefühl und Eleganz, sind nie überladen und folgen betörenden Linien. »In der Wahl meiner Basismotorräder bin ich frei, da gibt es nichts, was ich bevorzuge. Es muss einfach passen«, erklärt Gianluca. Und so kombiniert er einen englischen Klassiker mit einem anderen, nein, sogar mit zwei anderen.
Der Motor ist ein Mix aus Atlas- und Commando-Twin
Der Motor, den er in den Ariel-Rahmen von 1955 pflanzt, ist nämlich zusammengebaut aus gleich zwei Norton-Modellen. Gianluca schwebt der auch heute noch potente 750er-Zweizylinder aus der Norton Commando vor. Dieser soll mit Teilen einer Norton Atlas zusammengeführt werden. Loris Lessio, der junge Mechaniker in Diensten von Stile Italiano wird auserkoren, die Handschrift des Designers ins Metall zu formen.

Die Arbeit am Motor nimmt die meiste Zeit in Anspruch, schließlich entsteht ein wahres Einzelstück mit Hepolite-Kolben und klassischem Amal-Vergaser im Atlas-Gehäuse. Von dieser stammen auch Kupplung und Getriebe. Die dünnen Auspuffrohre sind ein Werk seines Mechanikers. Mit elegantem Schwung und völlig ungedämpft sind sie schön anzuschauen und sorgen für einen traumhaften Twin-Sound.
Stilvolles Frontend – Noriel mit 70er-Jahre-Offroad-Gabel
Für das Frontend ihres Bastards entscheiden sich die Italiener für eine ungewöhnliche Kombination. Die 70er-Jahre-Offroad-Gabel von Showa in Verbindung mit einem 21-Zoll-Vorderrad und klassischer Trommelbremse passt erstaunlich gut. Gekrönt von einem fahrradgleichen Lenker und komplettiert durch die authentische 16 Zoll-Bereifung am Heck ergibt sich ein hinreißend stimmiges Gesamtbild. Dazu gibt es Fußrasten von Tarozzi, einen fein modifizierten Mustang-Tank und einen Öltank aus eigener Produktion.

Mehr braucht so ein Bike auch nicht, Elektrik und dergleichen halten sich in absolut nötigen Grenzen. Die Farbgebung in Schwarz und Gold tauchte schon bei früheren Stile-Italiano-Projekten auf, »und sie sticht immer noch«, findet Gianluca angesichts des zurückhaltenden Gesamtbildes dieses klassischen Motorrads. Und wir geben ihm zu einhundert Prozent recht!
Info | stileitaliano.com
Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.