Der D-Day jährt sich am 6. Juni zum 80. Mal – wir blicken auf den letzten Runden zurück, als wir inmitten alter WLAs in der Normandie waren

Unser französischer Reporter Rico stammt selbst aus der Normandie. Sein Vater begann sich schon früh für die Hinterlassenschaften des Krieges in der Landungszone zu interessieren. Er sammelte und restaurierte Jeeps und weitere Fahrzeuge. Mit diesem Faible wuchs der kleine Rico auf, der sich selbst bald als Schrauber versuchte.

Eine Motorrad-Jugend

Er half seinem Vater, fuhr mit ihm zu Teilemärkten, traf andere Sammler und hatte so eine interessante Jugend. Im Alter von elf Jahren sah und hörte er dann bei einer Gedenkveranstaltung seine erste WLA. Die beeindruckte ihn zwar tief, aber noch war er mehr im Thema Jeep und Panzer unterwegs. Als er später dann begann sich für Mädels und Rock‘n‘Roll zu interessieren, wurde er neugierig auf die Bikerszene und besuchte seine ersten Treffen. Seitdem ist er auch in Harleys verliebt.

Die Erinnerungen an grausame Ereignisse bringen Menschen aus allen möglichen Nationen zusammen

Während Rico seiner neuen Leidenschaft frönte, vergaß er aber nie die Militärfahrzeuge und wollte mit einer WLA eigentlich beide Szenen verbinden. Zwar fährt er seit 30 Jahren Harleys, besaß aber nie eine eigene WLA. Vor zehn Jahren hatte der inzwischen als Journalist tätige Biker ursprünglich vor, über die Tour eines britischen Chopperclubs zu berichten, die zeitgleich mit den Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Landung in der Normandie stattfinden sollte.

Mit der Flathead zum Erinnerungs-Ride

Kurz vorher wurde er aber vom Veranstalter ausgeladen. Als er seinem Kumpel Fred davon erzählte, stattdessen nun auf eigene Faust in die Normandie zu fahren, meinte der nur: »Dann fahr doch mit meiner WLA.« Rico war baff und sein Herz hüpfte. Sein sehnlichster Wunsch sollte in Erfüllung gehen. Bei einem Telefonat mit seinem Vater erfuhr er dann noch von dem geplanten Treffen von 70 Fahrern mit ihren historischen Bikes, die diesen Jahrestag ebenfalls zelebrieren wollten.

70 WLAs hatten sich zum 70-jährigen eingefunden

Gekleidet in passender historischer Bekleidung schloss sich Rico dem Tross an und erlebte einen aufregenden Tag, den er natürlich mit der Kamera für uns festgehalten hat. Er legt übrigens Wert auf die Feststellung, dass die Teilnehmer solcher Veranstaltungen keinesfalls den Krieg verherrlichen, sondern sich einfach nur passend kleiden, so wie sich Mittelalterfans eben auch auf Burgen in alten Trachten zusammenfinden.

Der D-Day bringt Menschen zusammen

Für Rico ging ein großer Traum in Erfüllung. Der Tag war für ihn mit zahlreichen Gänsehautmomenten verbunden. Er empfand es fast etwas surreal, mit dem historischen Bike und in dieser internationalen Truppe an der Küste der Normandie entlangzufahren. Dort lernte er viele neue Freunde aus ganz Europa kennen. Die Erinnerung an die grausamen Ereignisse vor mittlerweile 80 Jahren bringen inzwischen Menschen aus der ganzen Welt zusammen, die sich nun in Frieden treffen. Völkerverständigung durch Motorrad fahren, wenn nur alles immer so leicht wäre.

 


History

Am 6. Juni 1944 wurden die Strände der Normandie zum größten Kriegsschauplatz aller Zeiten. Um diesem Ereignis zu gedenken und um die Opfer zu ehren, finden jährlich am Jahrestag Feierlichkeiten in der Normandie statt. Die Operation Overlord war eine der größten Militäroperationen der Menschheitsgeschichte. Eine Armada von 20.000 Schiffen verließ am 5. Juni 1944 die britischen Häfen.

Eine von 70 Flatheads an diesem Tag

Zwischen 6:30 Uhr und 7:30 Uhr landeten 135.000 Soldaten an den fünf dafür vorgesehenen Strandabschnitten (Utah, Omaha, Gold, Juno und Sword). Die Schlacht um die Normandie sollte 100 Tage dauern und weit über 200.000 Soldaten beider Seiten das Leben kosten. Jedes Jahr kommen Veteranen aller Nationen anlässlich des Jahrestages in die Region. Heute ist der 6. Juni ein Anlass, um an die Vergangenheit zu erinnern und den Frieden zu feiern.

 

Jens Müller