Mit der Mooneyes-Show steigt am 1. Dezember in Yokohama die bekannteste Bikeshow Asiens. Wer irgendwie kann, sollte einmal dabei gewesen sein
Menchenmassen stehen vor den Türen des Pacifico Convention Centre in Yokohama und warten darauf, dass die Yokohama Hot Rod Custom Show oder »Mooneyes«, wie sie allgemein genannt wird, eröffnet wird. An diesem Sonntag spüre ich den Druck, die steigende Aufregung der Teilnehmer, Bikebuilder und Händler besonders. Nachdem ich die Bikes der eingeladenen ausländischen Prominenz hinter der Halle fotografiert habe, mache ich mich schnell auf den Weg in die Halle zur Rampe, auf der die Bikes und Autos inmitten jubelnder Fans einfahren.
Mooneyes-Show – Volle Hütte
Ab dem Moment, wo die Erbauer dem Publikum vorgestellt werden, bis zur Verleihung der Preise vergehen gerade mal sieben Stunden – in denen die Fans alles sehen wollen und ich alles fotografieren will. Ein Kraftakt für alle. Mooneyes kann entmutigend sein. Egal ob Einheimischer, Gast aus Europa, den USA oder Australien oder wie ich einer von 250 Medienvertretern, es gibt viel zu viel zu sehen.
Zu den etwa 650 Motorrädern kommen noch 300 Hot Rods, dazu der jährliche Custom Paint Contest und die Pinstriper, vier Livebands und 330 Händler. Vorausgesetzt, man konzentriert sich nur auf die Bikes und Autos, geht nicht essen oder auf die Toilette und schafft es in weniger als fünf Sekunden von einem Fahrzeug zum nächsten, dann bleiben pro Fahrzeug fünzehn Sekunden, um es anzuschauen.
Custom bis in die Wurzeln
Das ist ziemlich verrückt, aber ich habe über die Jahre akzeptiert, dass ich hier niemals alles sehen werde. Mein Ziel für den heutigen Tag ist es deshalb, den Geschmack Japans, die erstaunliche Handwerkskunst und die große Energie, die die Hallen durchdringt, zu dokumentieren. Glücklicherweise darf ich außerdem schon Samstag zum Aufbau kurz in die Halle, ein paar Bikes fotografieren und meine Berichterstattung so ergänzen.
Um es noch zu erklären, die Show ist nur ein Teil von Mooneyes. Die Firma verdient ihr Geld neben dem Merchandise vor allem mit Tanks, Ventildeckeln und den berühmten Moon-Disc-Radkappen, die seit den 50er Jahren aus derselben Werkstatt in Santa Fe Springs in Kalifornien stammen. Außerdem hat Mooneyes mittlerweile eine erweiterte Linie von Motorradteilen und natürlich allerlei Zubehör für Custom Cars. Es mag sein, dass der Name Mooneyes und das Logo mit den zwei Augen, das seit vielen Jahren in japanischen Händen ist, in Japan noch weitaus bekannter ist als in den Staaten.
Mooneyes-Show – Hochkarätiger Besuch
Ein Grund, warum die Show seit Anbeginn in Yokohama stattfindet, aber trotzdem Besucher aus aller Welt anzieht und erstaunliche internationale Anerkennung bekommt. Und trotz hoher Transport- und Zollkosten für die Verschiffung der Motorräder sind internationale Gäste wie dieses Jahr zum Beispiel amerikanische Customizer wie die Cycle Zombies, Oliver Jones, Bryan Thompson oder Dave Polgren oder der Londoner Harley-Vertragshändler und Customizer Warr’s ein Muss in Yokohama.
Gut hatte es Martin Carlgren aus Schweden, der als Sieger der amerikanischen Born Free Show mitsamt Transport seines grandiosen Husqvarna-Eigenbau-Choppers eingeladen war. Um den immer stärker werdenden asiatischen Customizern Rechnung zu tragen, wurden auch Bikebuilder aus Singapur und Indonesien zur Show gebeten. Highlight der ausländischen Bikes war aber sicherlich die 68er Shovel von Matt Davis, dem verstorbenen Mitbegründer und Redakteur des DicE Magazines – ein letzter Erweis des Respektes für einen unermüdlichen Macher unserer Szene.
Japanisches Gold
Meine Liste der wunderbaren japanischen Customizer, die man unbedingt im Auge behalten sollte, ist lang. Und sie wird von Jahr zu Jahr länger. Es sei mir gestattet, sie hier zu nennen. Schaut euch zwingend die Arbeiten von Kaichiroh »Kross« Kurosu (Cherry’s Company}, Go Takamine (Brat Style), Kengo Kimura (Heiwa Motorcycles), Hideya Togashi (Hide Motorcycles), Ken Nagai (Ken’s Factory), Yuichi Yoshizawa (Custom Works Zon), Tomoaki Matsamura (Shiun), Toshiyuki Osawa (Cheeta), Taku Aikawa (Sure Shot), Yoji Kikuhara (Bootleg), Masato Ikumori (Stoop), Koji »Hammer« Hamada (Hammer Cycles) und Hiromichi Nishiyama (Cycle West) an.
Diese Jungs sind einfach weltklasse und ihr Ruf wächst zu Recht schnell über die Grenzen Japans hinaus. Ich kann euch versichern, dass ihre Bikes auf der Show allesamt und zu einhundert Prozent meine hohen Erwartungen erfüllt haben. Wie ein Kind im Süßwarenladen rannte ich zwischen den Mopeds hin und her und sah in kurzen Augenblicken so viele großartige Details und metallene Meisterleistungen, dass ich mir inständig wünschte, ich hätte noch einen zweiten Tag, um all das zu fotografieren und mehr Zeit an jedem einzelnen Motorrad zu haben. Aber die Realität war knallhart, ein verdammter Tag, ich rannte weiter.
Respekt wird großgeschrieben
Übrigens in diesen fünf Stunden über sechs Kilometer, inklusive ungezählter Fotostopps. Lustigerweise haben die japanischen Besucher vor Ort einen anderen Fokus als ich. Viele von ihnen versammeln sich an den kleinen Ständen der Händler und Customizer oder verfolgten sie quer durch die Halle. Ein Autogramm von einem Bike- oder Carbuilder oder gar ein Selfie mit ihm, das ist für viele Einheimische das Größte.
Aber nicht nur Customizer, sondern auch Menschen wie der Gründer von Vans, Steve Van Doren, Bildhauer Jeff Decker, Leder- und Schmuckhersteller Bill Wal oder Skateboard-Legende Steve Caballero werden in Yokohama behandelt wie Rockstars – und das mit extremem Respekt. Überhaupt wird Respekt hier großgeschrieben, das liegt einfach in der Natur der Japaner. Ob es die Art und Weise ist, wie Motorradfahrer sich auf der Ausstellungsfläche begrüßen oder wie Preise vergeben werden, alles passiert mit größtem Respekt und in einer Weise, die man sonst nirgendwo sieht.
Das Finale
Die Preisverleihung beginnt um 15 Uhr und zieht sich über zwei Stunden bis zur Schließung des Events hin, jedem Gewinner wird ausgiebig Platz eingeräumt, fast wie eine Oscarverleihung für Custombikes. Am Ende gewinnt Kengo Kimura von Heiwa Motorcycles zum zweiten Mal in Folge den Preis für »Best of Show« – zum zweiten Mal übrigens mit einer Triumph, einer TR6 von 1971.
Und so schnell alles begonnen hatte, so schnell ist es auch wieder vorbei. Die 17000 Besucher verlassen die Halle so schnell, wie sie sie am Morgen gestürmt hatten. Es gibt sicher Customshows, die mehr Besucher haben, und auch einige mit mehr Motorrädern. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendwo auf der Welt eine Bikeshow gibt, die mehr Einfluss auf die weltweite Customszene hat als Mooneyes. Grund für mich, jedes Jahr wiederzukommen. Und ich kann es euch nur raten: Fahrt einmal da hin, ihr werdet es nie wieder vergessen.
Info | yokohamahotrodcustomshow.com