In Goa fand 2013 Jahren zum ersten Mal die Indian Bike Week statt. Nach einer Pause soll es 2025 eine Neuauflage geben

Mit dem vielbeschworenen Blick über den Tellerrand ist das so eine Sache. Selbstverständlich berichten wir in CUSTOMBIKE nicht nur über das Motorradgeschehen in Deutschland, sondern immer auch über die Szene in unseren Nachbarländern. England ist wichtig, Frankreich, Italien, Holland unverzichtbar. Auch Skandinavien muss einfach sein, wegen der vielen derben Ideen der Nordmänner.

India Bike Week – Harley-Davidson als Initiator

Und – Ehrensache – zeigen wir euch regelmäßig die besten Bikes aus dem Mikrokosmos Japan und dem Heimatland des Customizing, den USA. Aber dann wird es auch schon dünn. In den vergangenen Jahren warfen wir immerhin auch mal einen Blick auf die Szene in China oder Südamerika. Aber jetzt mal ehrlich: Mangels Zeit können wir einfach nicht die ganze Welt bereisen. Und Mitarbeiter in jedem entlegenen Winkel Tasmaniens oder Botswanas haben wir irgendwie auch nicht.

Custombikes sind in Indien noch ein rares Gut. Erst langsam entdecken die Biker vor Ort, dass Motorräder nicht nur zum Fahren taugen. So fiel die Customshow der IBW eher klein aus und beschränkte sich auf ein paar Supersportler und überladene Harley-Umbauten

Umso größer ist die Freude, wenn wir hin und wieder von einem wichtigen Ereignis weit jenseits unseres Tellerrandes berichten können. Anfang Februar 2013 fand so eine kleine Sensation in Südasien statt. Zum ersten Mal veranstaltete Harley-Davidson gemeinsam mit einer großen Festival-Agentur die India Bike Week in Vagator, dem Partyzentrum von Goa.

Ein Land mit Umbaupotential

Längst hat Freizeitkultur in Verbindung mit dem unvergleichlichen Freiheitsgefühl auf Motorrädern auch das zweitbevölkerungsreichste Land der Erde erreicht. Sicher bleibt unser Hobby für viele Inder ein unerreichbarer Traum, zu groß sind die Unterschiede zwischen Arm und Reich. Doch 6500 Besucher auf 3000 Motorrädern, darunter über 80 Clubs, belegen, dass die Zeit reif ist für eine Veranstaltung wie die India Bike Week.

So würde bei den Absperrungen der Stuntshow deutschen Sicherheitsbehörden der Schweiß ausbrechen

Mit unzähligen schrulligen Programmpunkten, etwa Bike Polo oder einer Stunt Area, bei der ein wildgewordener Mattie Griffin mit seiner BMW F 800 R über hilflos am Boden kauernde Besucher sprang, stellt die India Bike Week so etwas wie ein Indisches Faak am See dar – nur nicht an einem österreichischen Bergsee, sondern am feinen Sandstrand des Arabischen Meeres.

Cage Fights zur Belustigung

Statt an Biker-Spielen belustigten sich die Inder an 16 Cage Fightern, die sich den ganzen Tag über in einem Boxring die Nasen blutig prügelten. Wer genug von den rüden Faustkämpfen hatte, der konnte durch die »Vintage Bikes«-Ausstellung in unmittelbarer Nähe zum Biker-Flohmarkt schlendern. Zwischen BSA M20, Norton Big Four und weiteren meist britischen Raritäten konnte er hier auch einen »zivilisierten« Welbike-Paratrooper-Scooter von 1933 entdecken.

Bikini Bike Wash: Mancher Programmpunkt mutet very Nineties an

Mit drei Konzertbühnen, 28 Bands, DJs und sieben Bars sprach die größte Biker-Veranstaltung Indiens nicht nur Motorradfahrer, sondern auch meist jugendliche Festival-People an. Die lässige, von der Hippie-Kultur beeinflusste Stimmung übertrug sich schnell auch auf die Lederjacken-Fraktion. Nicht ohne Grund spricht der Veranstalter vom »Woodstock of Biking Festivals«. Doch auch die Customszene spielte auf der Bike Week eine gewichtige Rolle.

India Bike Week – natürlich mit reichlich Enfields

Diverse Harley-Chopper und – wie erwartet – einige scharfe Enfield-Umbauten schmückten eine gesonderte Ausstellungsfläche, deren absoluter Blickfang das Y2K-Bike mit Hubschrauber-Turbine war. Auf einer weiteren Bühne fand Indiens erster »Custom Bike Build-Off« statt. »Transfigure Custom House«, »Dreamriders Vehicles« und »Rajputana Custom Motorcycles« traten in einem Aufbau-Wettstreit unter Zeitdruck gegeneinander an.

Und das Starterfeld des Dirt Track-Rennens. Schon wieder vorrangig auf zeitgenössischen Sportmotorrädern. Der Oldschool ist in Indien noch lange nicht angekommen

Vijay Singh von Rajputana endschied den Dreikampf mit seinem Royal Enfield Starrrahmen-Chopper für sich und belegte damit, dass der Trend zu groß dimensionierten Rädern auch in Indien angekommen ist. Zweifellos gibt es hier eine ernsthafte Szene. Irgendwie anders, locker-peacig, mächtig verschroben. Vielleicht müssen wir unseren Teller einfach ein wenig größer töpfern. Übrigens war es ursprünglich geplant, die Veranstaltung an mehreren Orten in Indien an verschiedenen Daten stattfinden zu lassen. Das gelang nicht, vielmehr machte das Event zwischendurch eine längere Pause. Damit soll es aber nun vorbei sein, für 2025 ist das Event zumindest schon mal angekündigt, ein genaues Datum verrät die Website allerdings noch nicht.

Info | indiabikeweek.in

 

 

 

Dirk Mangartz